Nun ist es amtlich. Nachdem Dea-Vorstand Dirk Warzecha Anfang Dezember in Kirchlinteln noch angekündigt hatte, alle Projekte einer „strategischen Prüfung“ zu unterziehen, hat sich der Hamburger Energieversorger im jüngsten Kreisausschuss eindeutig positioniert. Die Ergebnisse des Gesprächs mit den Beigeordneten hat Verdens Landrat Peter Bohlmann (SPD) in einer Mitteilungsvorlage niedergeschrieben, die im Mai noch einmal Thema im zuständigen Fachausschuss für Wasser-, Energie- und Abfallwirtschaft werden könnte. Auch die SPD-Kreistagsfraktion feilt gerade an einem Antrag zum Thema Gasausstieg.
Die wichtigste Nachricht für die Kreisverdener Bevölkerung: Vor dem Hintergrund der jüngsten Erdbeben (November 2019) will Wintershall Dea die Produktion im Erdgasfeld Völkersen/Völkersen-Nord nicht weiter ausbauen und bis 2036 ganz auslaufen lassen. Neubohrungen sind nicht mehr vorgesehen, Gleiches gilt für die Bohrung Völkersen Z 12. Der Antrag für die Bohrung am Rande des Wasserschutzgebietes Panzenberg wurde bereits zurückgezogen. Die Gasförderung im Kreisgebiet soll nun also schrittweise sinken. Die Anlagen und Betriebsplätze werden den Hamburgern zufolge in den kommenden Jahren sukzessive zurückgebaut.
Insgesamt betreibt der Versorger im Kreisgebiet 18 Förderungen, 16 davon alleine im Feld Völkersen sowie zwei im Feld Weißenmoor in der Gemeinde Kirchlinteln. Von der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), wurde der Dea kürzlich bis Mitte kommenden Jahres eine grundsätzliche Erlaubnis zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen im Erlaubnisfeld Werder erteilt.
Beben waren nicht vorhersehbar
Die Erweiterung des Bohrplatzes am Rande des Wasserschutzgebietes Panzenberg (Scharnhorst) ist zwar mittlerweile obsolet, dennoch treibt den Landkreis Verden als Untere Wasserbehörde (UWB) das Thema Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) weiterhin um. Rückblick: Im Gegensatz zum Land Niedersachsen hat der Kreis Verden eine UVP bei der Diskussion um die Erweiterung des Bohrplatzes (Völkersen Z 12) von Beginn an als erforderlich angesehen. Neue Hoffnungen setzt der Verdener Landrat nun in den gemeinsamen Entschließungsantrag der Landtagsfraktionen von SPD und CDU.
Über den Bundesrat soll künftig ein Gesetzesentwurf eingebracht werden, der eine zwingende UVP-Pflicht bei Bohrungen zum Ziel hat, und zwar unabhängig von Fördermenge und Tiefe. Aufgrund von erforderlichen Einzelfallprüfungen – sowohl bei Umweltverträglichkeitsprüfungen als auch bei kategorischen Ausschlüssen aus der Gasförderung – sind einheitliche Landesregelungen nach Aussage von Bohlmann derzeit nicht möglich. Er betont in diesem Zusammenhang, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht per se Verhinderungsverfahren darstellen, sondern es dabei lediglich um erweiterte Nachweispflichten und eine ausgeweitete Beteiligung geht. „Außerdem geht die Erdstoßgefahr, die im Kreis Verden das Hauptproblem ist, von der generellen Fördering und nicht alleine von den Bohrungen in Wasserschutzgebieten aus“, hebt der Landrat hervor.
2008 hatte die Produktion im Erdgasfeld Völkersen/Völkersen-Nord mit über 1,3 Millionen Kubikmeter ihren Höchststand erreicht, ist seitdem um rund 52 Prozent zurückgegangen. Von den Kreispolitikern wird immer wieder das Beispiel Groningen angeführt. Nach dem Auftreten von immer stärker werdenden Erdbeben hat sich der Ausstieg aus der Gasförderungen in den Niederlanden mittlerweile beschleunigt. Andreas Sikorski, Präsident des Landesbergamtes, hatte allerdings bei der Veranstaltung in Kirchlinteln betont, dass Verden und Groningen nicht miteinander zu vergleichen seien. Nach der Aufarbeitung der jüngsten Erdbebenereignisse durch das LBEG wird sich der zuständige Fachausschuss des Landkreises noch einmal mit dem Thema befassen. Monika Bischoff vom Niedersächsischen Erdbebendienst (NED) hatte im Dezember in Kirchlinteln mitgeteilt, dass Erdbeben gemäß ihren Beobachtungen erst mit einer zeitlichen Verzögerung einsetzen. Sie konnte daraus zwar keinen Trend ableiten, aber wiederum auch keine weiteren Erdstöße ausschließen.
Als die Dea 1992 mit der Gasförderung im Erdgasfeld Völkersen begonnen hatte, war das Unternehmen nicht davon ausgegangen, dass es in 5000 Metern Tiefe unterhalb mächtiger Deckgewölbe eines Tages zu Erdbeben kommen könnte. Seit Förderbeginn im Jahr 1992 hat der Versorger laut Warzecha alleine für das Erdgasfeld Völkersen mehr als 1,1 Milliarden Euro an Förderzinsen gezahlt.