„Das ist eine Frechheit“ – so bedient kommentierte das Daverdener Ortsratsmitglied Lars Lorenzen (CDU) die Entscheidung des Bau-, Verkehrs- und Friedhofausschusses am Mittwochabend zur Bauvoranfrage für den Neubau eines Hähnchenmaststalles an der Giersbergstraße. Denn während sich in der gemeinsamen Sitzung der beiden Gremien im Ortsrat noch eine Mehrheit für das Anliegen fand, kam diese bei der Abstimmung im Fachausschuss nicht zustande. Das lag vor allem an der grundsätzlichen Ablehnung des Projekts vonseiten der SPD-Fraktion, die für viele Anwesenden durchaus überraschend kam.
Die Familie Ernst, die ihren Hof an der Giersbergstraße bereits seit mehreren Generationen betreibt, plant seit längerer Zeit, einen weiteren Hähnchenmaststall zu errichten. Erste Pläne gab es schon vor fast zehn Jahren, die sogar die Gründung einer Bürgerinitiative gegen das Vorhaben zur Folge hatten. Damals sah die Planung eine Anlage mit 100 000 Tieren vor. Letztlich wurde das Projekt von der Politik wegen nicht ausreichend gesicherter Erschließung abgelehnt, da die Giersbergstraße angesichts des zu erwartenden Verkehrs bis zur Hofstelle hätte verbreitert werden müssen.
Die Lage hat sich inzwischen aber verändert: Für den Bau der Windkraftanlagen am Giersberg wurde die Straße zu großen Teilen verbreitert, sodass bis zum geplanten Standort des Hähnchenstalles nun nur noch 70 Meter fehlen. Dafür hat die Familie Ernst, die nun nur noch einen Maststall für rund 30 000 Tiere plant, ein Erschließungsangebot unterbreitet, durch das die ausreichend verkehrsmäßige Erschließung aus verwaltungsseitiger Sicht nun gesichert ist. Da zudem auch keine öffentlichen Belange gegen das Vorhaben sprechen und bestehende Immissionsschutzprobleme durch den Antragssteller ausgeräumt seien, empfahl die Verwaltung, das gemeindliche Einvernehmen zur Bauvoranfrage zu erteilen.
Entscheidung am 12. Dezember
Doch das taten SPD und WGL am Mittwoch nicht – aus durchaus unterschiedlichen Gründen. Die Sozialdemokraten nämlich wollten sich erst gar nicht auf eine Diskussion über Erschließung und Co. einlassen. „Wir wollen diese Form der Massentierhaltung so nicht haben“, sprach Wolfgang Ewert für die Fraktion und warf den Mitgliedern anderer Fraktionen angesichts des von ihnen außer acht gelassenen Tierwohles „Scheuklappen“ vor. Andreas Noltemeyer nannte für die WGL einen anderen Hauptgrund für die Gegenstimme: „Die Erschließung kann ich noch nicht nachvollziehen.“ Er erwarte noch genauere Angaben über den Fahrzeugverkehr, nicht zuletzt weil die Straße bei den Anlieferungen für die Windkraftanlagen am Giersberg zuletzt erheblich gelitten habe und daher bald erst einmal zu sanieren ist, wie Bauamtsleiter Frank Bethge erklärte. Aber Noltemeyer betonte zudem, dass es bei der Entscheidung auch ein Stück weit um das Tierwohl gehe.
„Massentierhaltung trifft hier nicht zu. Das ist normale Landwirtschaft und verlangt unsere Unterstützung“, sprach derweil Marco Bachmann für die CDU-Fraktion, die zudem von einem idealen Standort für eine solche Anlage sprach. Und auch Oliver Renken von der Gruppe FDP/Müller konnte die Ansicht der Antragsgegner nicht teilen. „Die Frage des Tierwohles ist eine, die verbraucherseitig entschieden werden muss. Bauplanungsrechtlich spricht nichts dagegen“, erklärte er, worüber die Politik aus seiner Sicht zu entscheiden habe. Doch das Fürsprechen der beiden Fraktionen und der Verwaltung half nichts: Bei einer Enthaltung (Irmtraut Kutscher, SPD) stand es bei der Abstimmung im Fachausschuss 3:3 – ein Unentschieden, das die Ablehnung der Bauvoranfrage von dem Gremium bedeutet.
„Ich war schon etwas platt“, ließ Hermann Ernst, der das Vorhaben für den Familienhof in der Sitzung vorgestellt hatte, tags darauf angesichts dieses Ergebnisses verlauten. Mit einer solch stumpfen Ablehnung vonseiten der SPD habe er nicht gerechnet. Der zusätzliche Maststall sei „sehr wichtig“, um den Hof zukünftig überhaupt konkurrenzfähig weiterführen zu können, betonte der 29-jährige Landwirt. „Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen“, wollte er außerdem noch einmal erklärt wissen, dass die Haltung der Tiere derzeit nicht viel Spielraum lasse. „Wenn eines Tages die Verbraucher bereit sind, mehr zu bezahlen, dann gebe ich den Tieren auch gerne mehr Platz“, sagte Ernst.
Vom Tisch sind seine Planungen mit dem Ergebnis vom Mittwoch aber noch nicht. Denn die politische Entscheidung fällt erst im Verwaltungsausschuss am 12. Dezember. Die WGL könne sich, so erklärte Noltemeyer am Donnerstag, durchaus vorstellen, dann anders zu votieren. Vorausgesetzt, die offenen Fragen zur Erschließung werden geklärt und der Betreiber sei bereit, eventuell auch noch etwas an der Haltungsform zugunsten des Tierwohles zu modifizieren. Und auch das kategorische Nein der Langwedeler Sozialdemokraten zum Hähnchenmaststall wird allem Anschein nach nicht von allen Mitgliedern getragen. Denn Kutscher enthielt sich im Ausschuss ihrer Stimme und Silke Brünn stimmte, auch wenn sie betonte, dass ihr die Entscheidung sehr schwerfalle, im Ortsrat sogar für den geplanten Maststall und sorgte so in diesem Gremium für eine positive Mehrheit. Auf diese hofft die Familie Ernst nun auch am 12. Dezember.