Achim/Etelsen. Am 10. Oktober haben die Stadtwerke Achim umgestellt, seitdem fließt H-Gas statt L-Gas durchs Achimer Gasnetz. Wie berichtet, hat H-Gas einen höheren Brennwert als L-Gas und soll ab 2030 bundesweit eingesetzt werden. Für die sogenannte Marktraumumstellung müssen aber die Endgeräte wie Gasthermen oder -herde auf das H-Gas umgestellt werden. Davon betroffen sind in Achim, Oyten, Ottersberg und Langwedel rund 17 000 Haushalte mit etwa 22 000 Geräten und nicht alle lassen sich so ohne weiteres umrüsten. Laut Bundesnetzagentur dürfen nicht angepasste Endgeräte nach der Umstellung nicht mehr betrieben werden. „Wegen Umstellung von L- auf H-Gas geschlossen“, heißt es nun von zwei Betreiberinnen von Heißmangeln in Achim-Baden und in Etelsen. Sie haben ihre Konsequenzen gezogen: Beide Läden sind bereits zu.
Denn wegen der Gasumstellung waren auch Servicetechniker der Herstellerfirma in dem Heißmangelbetrieb von Ulrike Beinker in Achim-Baden. „Meine Mangel ist aber so alt, dass sie sich nicht auf H-Gas umrüsten lässt“, erzählt sie. Das liege an den Düsen. Ein neues Gerät müsste her, will sie ihr Geschäft weiter betreiben – aber eine Mangel koste 20 000 Euro. „Ich bin 59 Jahre alt, das rechnet sich nicht mehr“, sagt sie. Zwar hätte sie wegen der sinkenden Nachfrage nach gemangelter Tisch- oder Bettwäsche nicht ewig weitergemacht, aber aufhören, das wollte sie dann doch noch nicht.
„Jetzt sitze ich aber zu Hause“, sagt sie und ist verärgert, weil sie sich die Gasumstellung einfacher vorgestellt hat. Ein allgemeines Schreiben der Stadtwerke Achim habe sie im Vorfeld bekommen, aber auf ihre schriftliche Beschwerde bisher keine Antwort erhalten. „Die machen nichts, ersetzen keine Kosten oder so“, sagt Ulrike Beinker. Aus Kreisen der Herstellerfirma war zu erfahren, dass sie einen Weiterbetrieb der Heißmangel untersagt habe, allerdings nicht wegen der Gasversorgung, sondern aus Gründen einer früheren Umrüstung. „Die ist schon vor 30 Jahren erfolgt und ist der Berufsgenossenschaft bekannt. Das Gerät hat Bestandsschutz und hätte weiter betrieben werden dürfen“, sagt Ulrike Beinker. Mit H-Gas allerdings nicht und so lautet das Ergebnis: seit dem 10. Oktober geschlossen. „Meine Kunden sind ganz traurig und wissen nicht, wo sie nun hin sollen“, hat Ulrike Beinker erfahren.
Wie Stadtwerke-Vorstandssprecher Sven Feht erläutert, seien bereits mehr als ein Drittel der Endgeräte umgestellt worden. Könne ein Gerät – etwa laut Aussage des jeweiligen Herstellers – nicht angepasst werden, müsste ein neues her. Und das sei Aufgabe des Kunden. „Der Gesetzgeber sieht nicht vor, dass die Kosten für ein Neugerät übernommen werden“, sagt er. Die Kosten für das Großprojekt der Umstellung und der damit verbundenen Geräteanpassungen insgesamt würden über die Netzentgelte deutschlandweit auf alle Gaskunden umgelegt. Laut Christian Müller, Stadtwerke-Bereichsleiter Technische Anlagen, hätte der Versorger 84 seiner Kunden im Vorfeld der Umstellung angeschrieben, die „nicht anpassungsfähige Geräte haben“. Sein Chef Sven Feht hält es derweil für einen glücklichen Umstand, dass die Achimer Stadtwerke nun als einer der ersten die Marktraumumstellung durchführen konnten, für die noch zwölf Jahre Zeit gewesen wäre.
Die Heißmangel-Betreiberinnen hätten jedoch nichts dagegen gehabt, wenn die Stadtwerke Achim erst später an der Reihe gewesen wären. „Guten Tag, die Heißmangel konnte nicht auf die neue Gasqualität umgestellt werden und bleibt daher geschlossen“, heißt es nämlich auch auf dem Anrufbeantworter von Jutta Holtappels, die bisher in Etelsen eine Heißmangel betrieben hat. „Wir und auch unsere Kunden dachten nicht, dass es so schnell geht“, sagt die 56-Jährige auf Nachfrage. Ihre Heißmangel ließe sich zwar noch umrüsten, aber die dafür notwendige Investition lohne nun nicht mehr. „Es ist ja insgesamt weniger geworden, es benutzt ja kaum noch jemand Tischwäsche“, schildert sie. Aber weiter gemacht hätte sie dennoch gerne.