„Zeitensprung- zurück in der 60er“: Das Hotel Stadt Bremen hat Achimer Stadtgeschichte geprägt Wo Promis ein und aus gingen

Achim. Man schrieb das Jahr 1785, als das Hotel Stadt Bremen im Herzen der Stadt Achim erstmals müden und hungrigen Gästen seine Tore öffnete. In den mehr als 200 Jahren seines Bestehens durchlief das Haus eine wechselvolle Geschichte.
08.08.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von GISELA ENDERS

Man schrieb das Jahr 1785, als das Hotel Stadt Bremen im Herzen der Stadt Achim erstmals müden und hungrigen Gästen seine Tore öffnete. In den mehr als 200 Jahren seines Bestehens durchlief das Haus eine wechselvolle Geschichte. Von selbst gebrautem Bier ist in einer Chronik zu lesen, vom Sommergarten auf dem Grundstück der heutigen Kreissparkasse und von großen Feiern zu vielerlei Anlässen. Nachdem Helmut Brockmann, letzter Besitzer der Traditionsherberge, 1997 den Betrieb eingestellt hatte, bezog ein Apotheker das Gebäude. Im dahinter liegenden Bettenhaus entstanden kleine Appartements.

Franz Josef Strauß, Rainer Barzel, kirchliche Würdenträger und Künstler. Die Liste der Prominenten, die sich in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts im Gästebuch des Hotels Stadt Bremen für gepflegte Gastlichkeit und erlesene Speisen bedankten, ließe sich endlos fortsetzen. Das Hotel Stadt Bremen hatte in den 1960er und in den 1970er Jahren seine Blütezeit. Den überaus guten Ruf, den das Haus genießen konnte, hat es den jeweiligen Besitzern zu verdanken, die von Anfang an darauf bedacht waren, ihren Gästen Besonderes zu bieten. Dazu gehörte zum Beispiel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts selbst gebrautes Bier, das in Holzkrügen serviert wurde. Zur gleichen Zeit wurde das Hotel durch einen Anbau erweitert, den der damalige Inhaber Wilhelm Knoche mit Azetylen-Gas beleuchten ließ.

Im Saal, der sich im Obergeschoss des Fachwerkhauses befand, „wurde oft so tüchtig das Tanzbein geschwungen, dass bei den geräuschvollen und markigen alten Tänzen das ganze Gebäude bebte“, gibt eine alte Chronik Auskunft. Darüber hinaus erfreuten sich die offene Kegelbahn und der luftige Sommergarten bei günstiger Witterung großer Beliebtheit. Neben Bier und anderen alkoholischen Getränken ließ Knoche „Achimer Kristallbrunnen“ ausschenken, den er in eigener Fabrikation fertigte. Der Hotelier hielt das Haus bis zur Jahrhundertwende. „Seine Nachfolger hießen Schäfer, Hagenah, Küsel und Liebig“, berichtete Helmut Brockmann. Sie alle hätten in Achim nicht richtig Fuß fassen können; Liebig habe schließlich an seinen Großvater verkauft, der bis dato Inhaber der Wirtschaft „Zum Götzen“ in Emtinghausen war.

Zuvor jedoch, am 28. Juni 1911, wurde das Fachwerkgebäude ein Raub der Flammen. „Obwohl das Haus bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, wurde der Wirtschaftsbetrieb in einer angrenzenden Scheune notdürftig weitergeführt“, erinnert sich Helmut Brockmann an die Erzählungen seines Opas. In dieser Notschenke soll an manchen Tagen mehr Bier umgesetzt worden sein, als im alten Stammhaus. Gleich nach dem verheerenden Feuer begann der Wiederaufbau der Traditionsherberge, die Hermann Brockmann schnell zum führenden Haus in Achim und Umgebung ausgestalten konnte, so die Überlieferungen. Geschmackvolle Innen- und Außenrenovierungen machten nach der Währungsreform das Hotel zu dem, was es schon vor dem Kriege war: zum ersten Haus am Platze. Und als die Gemeinde am 4. Mai 1949 durch eine Proklamation der Niedersächsischen Landesregierung zur Stadt erhoben wurde, habe wieder einmal ein rauschendes Fest stattgefunden.

Auch anlässlich des 70. Geburtstages des Hausherrn am 8. September 1951 wurde noch kräftig gefeiert. Stammgäste und engste Freunde verewigten sich im Gästebuch und dankten dem Jubilar für Gastlichkeit und gesellige Stunden. Doch wenig später erwies sich 1952 als ein Jahr der Trauer für die Familie. Nachdem Ende Januar Ehefrau Meta im 72. Lebensjahr verstorben war, folgte Inhaber Hermann seiner Frau nach nur zehn Wochen in den Tod. „Der große Brockmannsche Saal – mehreren Generationen in Stadt und Land als Stätte fröhlicher Geselligkeit bekannt, hatte sich gestern Nachmittag aus Anlass der Beerdigung seines Besitzers in eine weihevolle, von Abschiedsstimmung und Kerzenschimmer erfüllte Trauerhalle verwandelt“, vermeldete die örtliche Presse zum Tod von Hermann Brockmann.

Sie werde das Hotel Stadt Bremen zum Wohl der Gäste im Sinne und im Geiste ihrer Eltern fortführen, versprach kurz darauf Tochter Berta Brockmann. „Wir haben als Gäste uns wohl gefühlt und danken dem Geiste des Hauses. Die Mahlzeit war köstlich, der Trank gut gekühlt, ein Plätzchen geruhsamen Schmauses“, erhielt sie im akribisch geführten Gästebuch des Hauses Dank für ihre Arbeit. Goldene Jahre erlebte das Haus unter der Führung der allein erziehenden Mutter zweier Kinder. Die zu der Zeit aufstrebende Wirtschaft bescherte sowohl dem Hotel als auch dem Restaurant stets eine volle Auslastung.

1964 verstarb Berta Brockmann im Alter von nur 51 Jahren. Sohn Helmut, nach dem Besuch der Hotelfachschule fit für die Übernahme, ließ zunächst das Lokal umfassend renovieren und in den Jahren 1972 und 1974 zwei Anbauten mit insgesamt 34 Zimmern errichten. Danach diente das Hotel den Profis von Werder Bremen jahrelang als Quartier. Viele prominente Gäste vor allem aus der Sportszene gingen in der Herberge ein und aus. „Ich erinnere mich gerne an diese arbeitsreichen aber auch ungemein erfolgsverwöhnten Jahre“, blickt Helmut Brockmann zurück. Ihm zur Seite stand Ehefrau Hildegard, die von früh bis spät die Arbeit in der Küche überwachte und vieles selbst in die Hand nahm. Im Restaurant war André Arndt die tragende Figur. Fast vierzig Jahre prägte er als Oberkellner das Geschehen in den Gasträumen bis zur Schließung des Hotels 1997 im Zuge des geplanten Umbaus der Innenstadt.

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