Heckenschere, Freischneider und Kettensäge gehören momentan zu den wichtigsten Arbeitswerkzeugen von Richard Seer. Der angehende Gärtnermeister und sein Kollege Christian Hoffmann befreien gerade das weiträumige Heisenhof-Gelände von überflüssigem Bewuchs.
Genauso wie ein Friseur Bärte schneidet, arbeiten die Garten- und Landschaftsbauer von der Insel Usedom wieder die Konturen des Außenareals heraus. Langsam aber sicher werden nun auch die einzelnen Gebäude erneut sichtbar. Unmengen an Gehölz liegen bereits vor dem früheren Gut Ramdohr. „Ich musste mich erst einmal in die Geschichte des Ritterguts einlesen“, erzählt Seer, während sein Kollege mit dem Radlader angefahren kommt und weitere Äste auf einen riesigen Haufen ablädt.
Die Firma aus Meckenburg-Vorpommern arbeitet im Auftrag des Frankfurter Juristen Christian Droop. Der Anwalt hatte den geschichtsträchtigen Heisenhof Ende des Jahres bei einer Auktion in Rostock ersteigert (wir berichteten) und sich damit gegen weitere Mitbieter durchgesetzt. 100 000 Euro musste er dafür hinblättern, das Mindestgebot lag 5000 Euro darunter. Die Vorbesitzer hatten Gut Ramdohr 2011 noch für den symbolischen Wert von einem Euro erworben.
Droop hat große Pläne mit dem rund 24 000 Quadratmeter großen Areal im Süden der Gemeinde Dörverden. Nach dem Vorbild des rheinland-pfälzischen Schlosses Bieberstein (Hahnstätten) will er auch an der Grenze zum Landkreis Nienburg einen Botanischen Garten anlegen. Als er den Zuschlag dafür bekam, kannte Droop Gut Ramdohr lediglich aus dem Auktions-Katalog, kaufte sprichwörtlich die Katze im Sack. Inzwischen sei er aber vor Ort in Drübber gewesen und habe sich ein erstes Bild von der Anlage gemacht, erzählt der neue Eigentümer. Was damit künftig einmal passiert, bleibt auch weiterhin erst einmal Zukunftsmusik.
Bis zur Schließung der Barmer Niedersachsenkaserne hatte das im Jahre 1898 von Adolf Heise erworbene Gut der Bundeswehr als Standortverwaltung gedient. Dass der inzwischen verstorbene Anwalt Jürgen Rieger aus dem Heisenhof ursprünglich einmal ein rechtsextremes Schulungszentrum machen wollte, ist dem neuen Eigentümer natürlich nicht verborgen geblieben. „Politisch motivierte Abrisspläne kann ich nachvollziehen“, sagte Droop Anfang Dezember im Gespräch mit dieser Zeitung. Mit dem Eigentümerwechsel hat der Landkreis Verden die bestehende Abrissverfügung automatisch auf den neuen Besitzer übertragen. Die Abrisskosten, die bereits vor Monaten von einem Ingenieur ermittelt werden sollten, bewegen sich groben Schätzungen zufolge bei rund 300 000 Euro.
Abrissverfügung besteht weiterhin
Droop setzt nun darauf, in Abstimmung mit dem Landkreis Verden und der für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinde Dörverden ein neues Nutzungskonzept für Gut Ramdohr zu entwickeln. Vor der Versteigerung in Rostock war Folgendes im Exposé zu lesen: „Der Landkreis hat gegenüber dem Auktionshaus telefonisch mitgeteilt, dass im Zuge einer neuen Bauleitplanung die Abrissverfügung zurückgenommen werden könnte und somit wohl auch eine entsprechende Umnutzung zulässig wäre".
Mit der Aufgabe der Nutzung durch die Bundeswehr ist für den Heisenhof nämlich auch die Baugenehmigung erloschen. Weil dafür keine Baugenehmigung mehr besteht, existieren die Gebäude rechtlich gesehen nicht mehr. Lediglich eine sogenannte privilegierte Nutzung – sei es nun eine Landwirtschaft im Vollerwerb oder eben eine Forstwirtschaft – ist für das weiträumige Areal im Außenbereich möglich. Wird das Gelände allerdings nicht privilegiert genutzt, müsste die Gemeinde Dörverden dafür einen Bebauungsplan aufstellen.
Voraussichtlich noch bis zum Ende der Woche sitzt der angehende Gärtnermeister Richard Seer hinter dem Steuer seines Minibaggers und bahnt sich einen Weg durch das Dickicht. Wie viele Kubikmeter Erde bei den Aufräumarbeiten bereits angefallen sind, vermag er nicht abzuschätzen. Baumstamm über Baumstamm türmt sich inzwischen vor den Gebäuden.
Nachdem er in Drübber Kahlschlag gemacht hat, geht es für den Mann mit dem grünen Daumen wieder nach Hahnstätten. Dort will Droop, Geschäftsführer einer Projektentwicklungsgesellschaft auf privater Investoren-Initiative, einen parkähnlichen Garten samt Seebühne anlegen. Ob eines Tages auch Besuchergruppen über das Außengelände des Heisenhofes schwirren, bleibt abzuwarten. Jedenfalls lichtet sich der Dschungel, der die Gebäude bislang umgeben hat, von Tag zu Tag mehr.
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