Es gibt Großaufträge, die können für ein Unternehmen wie ein Ritterschlag sein, weil sie nicht nur Geld in die Kasse spülen, sondern auch Anerkennung zum Ausdruck bringen. So muss es sich für die Mitarbeiter der Röwer & Rüb GmbH angefühlt haben, als feststand: Das Unternehmen aus Thedinghausen beliefert die Olympischen Sommerspiele 2020. Mit 350 Pferdeboxen ist in Tokyo ein "Hotel" für die besten Pferde der Welt entstanden, die mit ihren Reitern in Japan um Gold, Silber und Bronze kämpfen werden.
"Japan ist ein hoch entwickeltes Land, die haben natürlich auch eigene Unternehmen, die Pferdeboxen herstellen", sagt Rüdiger Deckert, geschäftsführender Gesellschafter von Röwer & Rüb. Bei Olympia müssten aber alle internationalen Kriterien erfüllt werden, um wirklich jedes teilnehmende Land zufriedenzustellen. Dass unter diesen Voraussetzungen die Wahl der Japaner auf Röwer & Rüb gefallen ist, belegt für Deckert die Qualität der Produkte. Zum Angebot gehört auch die Montage, egal an welchen Ort der Welt. So reiste gemeinsam mit den Pferdeboxen auch ein Montageleiter nach Japan, vor Ort helfen ihm Einheimische. "Bei diesen Entfernungen sind die Reisekosten für vier Monteure manchmal zu hoch", erklärt Deckert.
Der Großauftrag ist auch eine Bestätigung für die internationale Strategie, die das Unternehmen bereits seit einigen Jahren forciert. Schon im Jahr 2011 war Röwer & Rüb für den niedersächsischen Außenwirtschaftspreis nominiert. Neben Pferdeboxen verkauft Röwer & Rüb insbesondere Führanlagen, in denen die Tiere zum Beispiel für das das Aufwärmen vor dem Reiten ihre Runden drehen können. Die Kunden sind deshalb im Reitsport und in der Pferdezucht zu finden. Inzwischen erwirtschaftet der Produzent rund 50 Prozent seines Jahresumsatzes von bis zu 16 Millionen Euro im Ausland. In Thedinghausen arbeiten 85 Menschen für das Unternehmen, hinzu kommen 35 in einem zweiten Produktionsstandort in Tschechien.
Produkte in Szene gesetzt
Dass Pferdeboxen im Jahr 2020 weitaus mehr sein können, als nur eine Unterkunft für ein Pferd, können potenzielle Kunden in Thedinghausen sehen. Denn der Firmensitz beherbergt nicht nur Produktion und Verwaltung, in mehreren Schauräumen werden die Produkte in Szene gesetzt. Eine lange Gasse zeigt zur einen Seite funktional gehaltenen Pferdeboxen, die laut firmeneigener Website der „Bestseller“ sind. Helles Holz und blanker Stahl dominieren das Basis-Modell. „Dem Pferd ist es letztlich egal, wie es aussieht“, sagt Deckert. Die Käufer seien in den vergangenen Jahren aber immer anspruchsvoller geworden. „Mit dem Privatstall verwirklichen sich manche einen Lebenstraum“, erklärt er. Deshalb bietet er auf der zweiten Seite der Schau-Gasse auch hochpreisige Varianten. Der bearbeitete Edelstahl ist elegant geschwungen und harmoniert in Schwarz und Grün mit Holz in dunkleren Tönen. Eine Front kann hier mit bis zu 4500 Euro im Vergleich zum Basis-Modell mehr als das dreifache Kosten.
Mit den Luxus-Variationen bietet Röwer & Rüb den Kunden auch die Möglichkeit, den Stall zu einem Prestige-Objekt zu machen. Dahinter steckt eine ökonomische Strategie. Denn in einem globalisierten Markt sei die Konkurrenz laut Deckert grundsätzlich hoch. Allerdings könnten deutlich weniger Anbieter auch allerhöchste Ansprüche erfüllen. Dass Röwer & Rüb hier offenbar eine Nische gefunden hat, zeigt neben den Olympischen Spielen noch ein anderes Beispiel. Auch im arabischen Raum hat das Unternehmen bereits einige Großprojekte umgesetzt. Unter den Kunden waren zum Beispiel Mitglieder der Königsfamilie aus Katar.
„Da verhandelt man nicht mit einem Mitglied der Königsfamilie persönlich. Die haben für alles ihre entsprechenden Mitarbeiter“, erklärt Deckert. Es sei nicht unüblich, dass der Wert der Pferde in diesen Kreisen in die Millionen geht. Entsprechend sei dann auch die Zahlungsbereitschaft, den Tieren mit klimatisierten Oasen ein perfektes Umfeld zu schaffen.
Exporte in den arabischen Raum sind allerdings die Ausnahme. Im europäischen Ausland hat sich das Unternehmen für Pferdesportsysteme allerdings in vielen Ländern ein Netz an Vertriebspartnern aufgebaut. Im Visier ist auch der amerikanische Markt. Mit einem Tochterunternehmen beschäftigt Deckert dort seit 2019 vier Kollegen. So kommt der nächste Ritterschlag vielleicht von dort und nicht aus Fernost.
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