Und plötzlich waren die eineinhalb Jahre vorbei. Eineinhalb Jahre, in denen sich Pastorin Anja Sievers ganz ihren beiden Kindern widmen konnte, denn sie war in Elternzeit. Nun aber hat sie der Arbeitsalltag wieder, genauer gesagt die Kirchengemeinde Lunsen, um die sie sich seit 2014 kümmert. „Natürlich ist man erst einmal traurig, wenn man sich dann nicht mehr rund um die Uhr um die Kinder kümmern kann, aber der Einstieg war nicht schwierig“, sagt die 34-Jährige und findet dabei auch gleich lobende Worte für ihren Ehemann. Der ist nämlich auch Pastor – und zwar in den Kirchengemeinden Blender, Intschede und Oiste (BIO-Gemeinden). Sebastian Sievers hat sie während der Elternzeit vertreten und dafür gesorgt, dass „ich wieder ganz sanft eingestiegen bin“.
In den eineinhalb Jahren war Anja Sievers aber natürlich nie so ganz weg. „Wir wohnen in Lunsen, direkt neben der Kirche, da kriegt man natürlich mit, was so passiert“, verrät sie. „Außerdem waren in der Zeit auch Kirchenvorstandswahlen, und das interessiert mich ja auch.“
Leidenschaft für das Reiten
Schon als junges Mädchen wusste Anja Sievers, dass sie Pastorin werden will, wenn sie groß ist. „Im Alter von neun Jahren war das klar. Einen Grund gab es damals gar nicht.“ Und so folgte nach dem Abitur ein Theologie-Studium in Göttingen. Das reichte der in der Nähe von Wolfenbüttel aufgewachsenen Frau aber nicht. Also packte sie auch noch ein Studium der Agrarwissenschaften und der Pferdewissenschaften mit drauf. „Pferde und Reiten waren schon immer meine große Leidenschaft. Leider komme ich jetzt nicht mehr so oft dazu“, sagt sie.
Nach dem Studium folgte das Vikariat, die praktische Vorbereitung auf den Beruf der evangelischen Pastorin, und schließlich wurde sie dann in die Kirchengemeinde Lunsen entsandt. Beerdigungen, Gottesdienste, Konfirmandenunterricht, Seelsorge – all das sind die Dinge, um die sich Anja Sievers in ihrer Kirchengemeinde kümmert. Es ist aber wohl vor allem Letzteres, was sie besonders umtreibt. „Die Seelsorge ist ein ganz elementares Feld in unserem Beruf und ungemein wichtig“, verrät sie. So komme es nicht selten vor, dass Menschen sie um Rat fragen, wenn sie Sorgen und Nöte haben.
Aus diesem Grund macht Anja Sievers derzeit auch eine Ausbildung zur Systemischen Beraterin. Die dauert zwei Jahre. „Das ist zusätzlich eine sehr gute Qualifikation. So kann die Seelsorge noch mehr in den Mittelpunkt rücken. Ich glaube schon, dass das auch eine Bereicherung für die Gemeinde sein wird“, sagt die 34-Jährige.
Predigttexte auf sich wirken lassen
Aber Pastorin zu sein, bedeutet eben noch so viel mehr. Viele Menschen verbinden sicherlich als erstes den Gottesdienst und die dazugehörige Predigt mit den Hauptaufgaben. Alle zwei Wochen wird in der Lunsener Kirche ein Gottesdienst angeboten. „Leider“, wie Anja Sievers sagt, „bleiben aber oft Plätze leer. Das sind traurige Momente, denn man gibt sich ja viel Mühe.“ Wenn sie im Vorfeld an Predigten arbeite, dann lasse sie die Texte auf sich Wirken. „Und ich schaue auch, was mich selbst bewegt.“
Den Grund für die manchmal leeren Kirchenplätze, glaubt Anja Sievers zu kennen: „Lunsen kann man vielleicht eher als ,Bedarfskirche' sehen. Die Menschen kommen dann, wenn es um Taufen oder Beerdigungen geht. Aber den alltäglichen Kirchengang empfinden viele vielleicht als nicht so wichtig.“ Das sei aber auch in vielen anderen Kirchengemeinden der Fall.
Und auch wenn es diese traurigen Momente gibt, so gibt es eben auch die andere Seite. „Schön ist es immer dann, wenn Gemeinschaft entsteht“, verrät die 34-Jährige. Das sei unter anderem im Konfirmandenunterricht der Fall, der ihr immer sehr viel Spaß mache. „Oder wenn ich Menschen begleite. Wenn ich merke, meine Nähe hat ihnen gut getan. Dann sind das für mich schöne Momente.“
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