Harm wollte keine Frau mehr haben, die sich wie ein Sofa anfühlt und wie ein Schneemann aussieht. In ihrem neuen Stück "Diät, Diät" zeigt die Theatergruppe Luttum in der Dorfscheune, was so alles passieren kann, wenn das Essen einfach zu lecker schmeckt. Und wenn dann noch mitten ins Abnehmen eine leckere Eistorte hineinplatzt, ein dusseliger Nachbar über seine eigenen Füße stolpert und alte und neue Freier auf der Matte stehen - dann ist das Chaos perfekt.
Kirchlinteln-Luttum. Immer nur Tee, das macht keinen glücklich. Maren Kruse (Michaela Ramp) jedenfalls nicht. Aber wenn einen erst mal der Liebste verlassen hat, dann denkt man leicht, dass einen keiner mehr will. Doch da hatte Harm Kruse (Richard Meyer) wohl nicht ganz richtig hingeguckt, denn Marens wunderhübsches Gesicht und ihr gutes Herz - die vermisst er jetzt heimlich. Dabei hat er doch längst die schlanke Chantal Möhlmann (Johanna Conrad) am Kanthaken, die es gar nicht so ehrlich mit ihm meint, wie er glaubt. Dafür meint es Vera Reichert (Heike Erdmann), bei der Maren nach der Trennung untergeschlüpft ist, umso ehrlicher mit ihrer Freundin und hat ihre Fittiche schützend über sie gebreitet.
Maren möchte ihren treulosen Harm gern zurück, denn eigentlich war es doch so schön! Und als er sie besuchen will, um einige Dinge zu klären, da fangen die beiden Freundinnen an, ihre weiblichen Ränke zu spinnen: Wenn sie es schaffen, ihn so richtig eifersüchtig zu machen - vielleicht nützt das ja was. Und damit Harm seine Vera nicht erkennt, verkleidet sie sich kurzerhand als Putzfrau Leyla, kann ab sofort nicht mehr richtig Deutsch - und sorgt damit für viel Gelächter beim Publikum.
Aber auch andere haben so ihre Absichten. Oder wo kommt wohl sonst die Eistorte her, die der temperamentvolle Bote mit dem Decknamen "Enrico Pizzeria" (Bernhard Michaelis) an die Tür bringt? Und wieso hat Detlef Mommsen (Tim Gerlach) nie das im Haus, was er braucht? In Marens und Veras Küche kennt er sich bald besser aus als sie selbst - denn Geld ausgeben, das mag er gar nicht gern.
Allererste Spitzenklasse
Dafür mag er seine Mama. Und wie Tim Gerlach den döspaddeligen und etwas unterbelichteten Junggesellen spielt, das ist wirklich allererste Spitzenklasse: Immer aus dem Mustopp kommend, dabei absolut von sich selbst und von den guten Ratschlägen seiner Mama überzeugt, ist er - wenn auch gerade richtig überspitzt - genau der Trottel von nebenan, auf den man in der Not zurückgreifen kann: Ängstlich, sogar weinerlich und großspurig zugleich, die Augen weit aufgerissen, weil er sonst ja gar nichts mitkriegen würde, und immer ein selbstzufriedenes Lächeln auf den Lippen, lässt der sich einfach alles anschnacken - aber für eine richtig gute Intrige ist er leider doch zu dämlich. Ganz im Gegensatz zu Modepüppchen Chantal, die beim Mann als erstes auf die Brust guckt - da wo die Brieftasche ist. Und wenn da nichts Rechtes sitzt, dann lässt sie ihn gleich wieder sitzen. Diese Erfahrung muss am Ende auch Harm machen, der eigentlich ein gutes Herz hat und da einfach nur so
reingeschlittert ist. Und wenn man sich dagegen seine Maren mit dem bildhübschen Lachen, den blitzenden Augen und dem pfiffigen Mutterwitz anschaut - da kann man doch eigentlich kein Kilo zuviel von haben!
Großartig besetzt ist auch die Rolle des Enrico, in den sich Maren sogar ein bisschen verguckt, denn in Wirklichkeit ist er Konditor und liebt füllige Frauen, denen es schmeckt. All seine Gefühle spiegeln sich in seinem ausdrucksvollen Gesicht wider; wenn er traurig ist, möchte man mitweinen und ihn knuddeln.
Und das hat Maren ja leider schon gemacht, als sie gewahr wird, dass er in Wirklichkeit Kruse heißt und ihr Cousin ist. So ein Wiedersehen nach so vielen Jahren - eigentlich wunderschön, doch was ist verflixt noch mal heute Nacht nach dieser Flasche Weinbrand passiert?
Ja, vor dem Happy-End steht ein turbulentes "Bäumchen, wechsel dich", wie es sich für eine Komödie gehört, und wenn sich da alles so richtig vertüdelt, dann passiert so manches, was im echten Leben kaum passiert, und was man deshalb auch mal ein bisschen an den Haaren herbeiziehen muss. Aber das macht gar nichts, denn es gibt andauernd was zu lachen, und das Publikum hat jede Menge Spaß - und am Ende gibt es drei Pärchen, die unterschiedlich gut zusammen passen.
Und was kann man aus der Sache lernen? Die Mädels können sich auf jeden Fall merken, dass das Glück nur selten Tür an Tür mit uns wohnt, und sich auch mal ein bisschen auf die Puschen machen. Und alle Jungs, die nicht gleich die Richtige finden, können sich hinter die Ohren schreiben, dass die erste Beste auf keinen Fall besser ist als gar keine. Und schließlich konnten all die Paare, die sich eigentlich lieben, aber immer wieder ein Haar in der Suppe finden, mal erleben, wie viel Stress es macht, wenn man sich nicht ordentlich verträgt, sondern gleich auseinander läuft. Den Schatz hinterher wiederzukriegen, dass kostet was!