Ein ganzes Jahr lang haben sich die Kammermusikfreunde der ganzen Region darauf gefreut, doch sind auch die Maiklänge 2020 der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Doch auch wenn es mit Festival-Leiter Nabil Shehata und seinem Ensemble international renommierter Solisten kein Wiedersehen gibt – hören lassen sie sich dennoch mit zwei hochkarätigen Konzerten, die der Sender Radio Deutschlandfunk Kultur im Domgymnasium zu Verden aufnehmen und sogar teilweise live senden wird.
Großartige Geste
Das ist natürlich nicht ganz dasselbe – aber zumindest eine begrüßenswerte Geste der Musiker, die das Publikum des immer beliebter werdenden Festival-Highlights nicht ganz im Stich lassen wollten. Mit dabei sind außer Nabil Shehata, Festival-Initiator, musikalischer Leiter und weltweit anerkannter Kontrabass-Virtuose, die Geiger Momo Hiber und Karen Gomyo, die Cellisten Claudio Bohorquez und Tim Park, die Bratschisten Gareth Lubbe und Konstantin Sellheim sowie Pianist José Gallardo. Alle Musiker sind dem Publikum aus den Vorjahren als virtuose Musiker und außergewöhnlich sympathische musikalische Gäste bekannt, nur die in Japan geborene Karen Gomyo sollte in diesem Jahr erstmals dabei sein. Ab sofort können übrigens bereits gekaufte Eintrittskarten für die abgesagten Konzerte zurückgegeben werden. Dies kann in der Tourist-Info Verden geschehen oder über den Download eines Rückgabe-Formulars auf der Homepage des Domgymnasiums.
Wer seine Karten online bestellt hat, wird direkt vom Verein kontaktiert. Das Eintrittsgeld wird in voller Höhe erstattet, doch es ist auch möglich, den Eintrittspreis – oder auch nur einen Teilbetrag – dem veranstaltenden Verein Musik und Kultur am Domgymnasium Verden zu spenden. Wer dies auf dem Formular angibt, erhält eine Spendenquittung. Solch eine Spende ermöglicht es zum einen, die Musiker durch Ausfallhonorare zu unterstützen; zum anderen hilft sie dabei, nach dem Ende der Ausnahmesituation die nächsten Maiklänge mit ebenso hochkarätigen Programmen und Musikern zu organisieren.
Am Sonnabend werden diese besonderen „Maiklänge für ein daheimbleibendes Publikum“ mit einem guten alten Bekannten eröffnet: Das Duo in Es-Dur WoO 32 von Ludwig van Beethoven, das den Beinamen „Duett mit zwei obligaten Augengläsern“ führt, erklang im allerersten Konzert der ersten Maiklänge 2017. Anlässlich seines 250. Geburtstags sollte Beethoven in diesem Jahr im Zentrum des Programms stehen, und deshalb wurde das Werk nun, musiziert von Gareth Lubbe und Claudio Bohorquez, erneut aufgenommen. Danach werden Momo Hiber und Nabil Shehata die Suite für Geige und Kontrabass von Reinhold Glière (1874-1956) spielen. Glière, gefeierter Volkskünstler der Sowjetunion, machte sich um die Pflege der vielen nationalen Folkloren im riesigen Vielvölkerstaat verdient.
Leos Janáceks (1854-1928) Sonate für Violine und Klavier entstand 1914 im Eindruck des Vormarschs der russischen Truppen gegen Österreich und erzählt vom Patriotismus der slawischen Völker, die das Joch der Doppelmonarchie nun endlich abschütteln wollten. Karen Gomyo und José Gallardo werden dieses überaus leidenschaftliche, in tausend Farben schimmernde Werk spielen.
Slawisch und leidenschaftlich bleibt es auch im Finale: Gallardo, Gomyo, Hiber, Sellheim und Park musizieren das 1888 uraufgeführte Klavierquintett in A-Dur op. 31 von Antonín Dvořák, das sich in seiner Bedeutung in die große Reihe romantischer Klavierquintette von Schubert, Schumann und Brahms einreiht. Dvořák setzt hier meisterhaft die ganze Palette tschechischer Musiktradition ein, doch Dumka, Furiant und Polka gehen bei ihm ganz eigene, überraschende und immer hinreißend schöne Wege.
Auch das Sonntagskonzert eröffnet mit einem Werk von Beethoven. Das so genannte „Gassenhauer-Trio“ op. 11 erhielt seinen Namen nach einem „Opern-Schlager“ der Jahrhundertwende von Joseph Weigl. Wie bei sehr vielen Variationswerken hat auch hier die geniale Bearbeitung das ihr zugrunde liegende Singstückchen um mehr als 200 Jahre überlebt. Musiziert wird das Trio von José Gallardo, Momo Hiber und Claudio Bohorquez.
Mit ihrer Version des Allegro-Sonatensatzes in C-Dur op. 43 von Bernhard Romberg (1767–1841) gestalten Nabil Shehata und Tim Park ein intim-gesangliches Duo. Karen Gomyo und Konstantin Sellheim spielen Mozarts Sonate Nr. 1 für Geige und Viola KV 423 in G-Dur.
Großes Sextett
Im zweiten Teil des Konzertes spielen Momo Hiber, Gareth Lubbe und Tim Park das zärtliche Streichtrio D471 in B-Dur von Franz Schubert, bevor diese außergewöhnlichen Maiklänge mit dem großen Sextett des russischen Romantikers Max Glinka für zwei Violinen, Viola (Lubbe), Cello (Bohorquez), Kontrabass und Klavier ausklingen.
Die beiden Termine, an denen die Konzerte übertragen werden, können zwar nicht das Konzerterlebnis mit den Gästen ersetzen, doch immerhin die musikalische Sehnsucht stillen: Das Sonnabend-Konzert wird am darauffolgenden Freitag, 22. Mai, ab 20 Uhr im Radio Deutschlandfunk Kultur übertragen. Der Sendetermin für das zweite Konzert am Sonntag steht noch nicht fest und wird später bekannt gegeben.
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