Der Weser-Radweg boomt, gerade in Zeiten von Corona. Dass er laut aktueller Radreiseanalyse des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) "nur" auf Platz zwei der beliebtesten Radfernwege Deutschlands gelandet ist, tut daran natürlich keinen Abbruch. Wie frequentiert der Weser-Radweg alljährlich in der warmen Jahreszeit ist, wissen auch Fernsehschaffende. Die beiden Folgen "Erlebnis Weser-Radweg" werden innerhalb der Reihe "Die Nordstory" im NDR-Fernsehen ausgestrahlt. Während der erste Teil – von Hannoversch Münden bis Nienburg – bereits am vergangenen Freitagabend zur besten Sendezeit über die Mattscheibe geflimmert ist, folgt nun an diesem Freitag, 21. Mai, um 20.15 Uhr der zweite Teil von Nienburg bis ans Meer. Nicht das Thema Radfahren steht im Fokus, sondern vielmehr die Menschen und die Geschichten. Die Pedalritter können sie am Wegesrand entdecken.
Kaffee- und Kakao-Manufaktur in Bücken
Im kleinen Örtchen Bücken betreibt beispielsweise Ulrike Eckardt gemeinsam mit ihrer Tochter eine Kaffee- und Kakao-Manufaktur. Bevor die von Hand gepflückten Kaffeekirschen schließlich in Deutschland ankommen, werden sie erst noch von den Kaffeebäuerinnen aus Honduras gewaschen und geschält, später in 1200 bis 1900 Metern Höhe von der Sonne getrocknet. Direkter Handel wird bei Familie Eckardt eben groß geschrieben. Durch den garantierten Mindestpreis können die Kaffeebäuerinnen vor Ort in Südamerika ihr Einkommen aufbessern.

Künstler Pablo Hirndorf hat eine neue Skulptur am Weser-Radweg aufgestellt.
Kurz hinter Hoya, in der Gemeinde Hilgermissen, können die Radler die Kunst sogar im wahrsten Sinne des Wortes "erfahren". Denn dort wird der Weser-Radweg auch gleichzeitig zum Skulpturen-Pfad. Eines der Kunstwerke ist der sogenannte "Weser-Blick" von Pablo Hirndorf - ein überdimensional großer Bilderrahmen, der zu spontanen Fotospielchen einlädt.
Wer von Verden nach Bremen nicht auf das Schiff umsteigt, sondern weiter strampelt, trifft nach rund einer Stunde in Thedinghausen auf eine "in Stein gehauene Liebeserklärung". Vor gut 400 Jahren ließ der Bremer Erzbischof Johann Friedrich dort den Erbhof im Stil der Weser-Renaissance für seine Geliebte erbauen. Im Gegensatz zu den beiden darf dort heute jeder, der mag, den Bund fürs Leben schließen oder auch den benachbarten Baumpark, das Arboretum, erkunden. Auf elf Hektar Fläche vereint das Arboretum 70 Gattungen verschiedenster Laubbäume der gemäßigten Breiten mit 450 Arten und Sorten.

Juwel der Weser-Renaissance: der Erbhof in Thedinghausen.
Der Weser-Radweg führt anschließend wieder direkt ans Wasser zurück. In Dreye, Gemeinde Weyhe, befindet sich die Marina Wieltsee. Einst durch den Kiesabbau entstanden, mauserte sich der ehemalige Baggersee seit den 1980er-Jahren zu einem Yachthafen mit mehr als 230 Liegeplätzen. Viele Freizeitskipper nutzen den Durchstich zur Weser regelmäßig für einen Ausflug auf dem Fluss. Kapitän Alexander Krause freut sich immer, wenn ihm Freizeitskipper aus der Marina Wieltsee begegnen.
2009 hat der Weyher auf dem Fahrgastschiff „Stadt Verden“ angeheuert. Rund vier Stunden Fahrzeit benötigt das Schiff bis zum Martini-Anleger in Bremen. In Richtung Nienburg via Dörverden und Hoya dauert es sogar noch eine Stunde länger. Obwohl er nicht aus einer Schiffer-Familie stammt, war Wasser schon von Anfang an das Element des jungen Kapitäns. "Ich habe daraufhin eine Ausbildung zum Binnenschiffer gemacht", erzählt er. Auch die Mittelweser habe so ihre Engstellen: „In der Horstedter Bucht herrscht beispielsweise Begegnungsverbot“, erklärt der Schiffsführer. Während es die Aller lediglich auf rund zwei Meter Tiefe bringe, sei die Weser an manchen Stellen sogar bis zu vier Meter tief. Alexander Krause ist nicht nur einer der jüngsten Schiffsführer der gesamten Flotte Weser, sondern auch der einzige mit einem Patent für die Unterweser. Auf diesem Abschnitt des Flusses gilt bereits die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung.
Die Juliusplate, direkt an der Weser gelegen, ist die neue Heimat von Barbara und Thomas Schweder. Die gebürtigen Hannoveraner haben ihr Leben noch einmal komplett umgekrempelt und sind dort seit nunmehr zwei Jahren stolze Campingplatzbesitzer. Die Corona-Pandemie bereitete dem Ehepaar einerseits große Probleme, andererseits ist Heimaturlaub in diesen Zeiten gefragter denn je. Auch auf der Weserinsel Harriersand möchte Andrea Böckmann mit ihren 52 Jahren noch einmal neu durchstarten. Nach einer schweren Erkrankung übernimmt sie schließlich die Strandhalle, das einzige Restaurant der Flussinsel.
An den verschiedenen Stationen des vom ADFC als Qualitätsroute mit vier Sternen ausgezeichneten Radwegs wurde bereits im vergangenen Sommer gedreht. Die Weser-Radweg Infozentrale mit Sitz in Hameln, die Nienburger Mittelweser-Touristik sowie die Partner der Touristikgemeinschaft Wesermarsch haben das Filmteam dabei mit ihren Ideen und Vorschlägen unterstützt.
Obwohl die Weser-Radweg-App bereits über 70.000 Mal heruntergeladen wurde, hält Martin Fahrland, Geschäftsführer der Mittelweser-Touristik, die Zukunft der guten alten Radwanderkarte weiterhin für gesichert. „Ich persönlich habe immer noch gerne ein Stück Papier in der Hand“, erzählt er schmunzelnd.