Für einige Schülerinnen und Schüler, die in dieser Woche die Berufsbildenden Schulen in Verden besuchen, wird die Arbeit an einem Garten-Projekt vermutlich lange in Erinnerung bleiben. Nicht nur, weil die Jugendlichen aus Marokko kommen und an einem Austauschprojekt teilnehmen, sondern auch, weil sie im Schulgarten das erste Mal Schnee erleben konnten. "Bei uns regnet es nur", erzählt eine der Schülerinnen aus der Hafenstadt El Jadida, während einige ihrer Mitschüler eifrig Erinnerungsfotos schießen.
Die Partnerschaft zwischen den beiden Schulen ist unter anderem dem Verdener Lehrer Imad Irik zu verdanken. Er unterrichtet an den BBS, sein Bruder an der Schule Abou Chouaïb Doukkal. Landwirtschaft, Tourismus und Industrie spielen in der marokkanischen Stadt mit rund 200.000 Einwohnern eine besonders große Rolle, erzählt Schulleiterin Jamila Enzzine. An ihrer Schule gebe es wie an den BBS verschiedene Fachbereiche. Jugendliche können sich dort beispielsweise auf Sprachen oder Wirtschaft spezialisieren oder aber eine Berufsausbildung absolvieren. Die Partnerschaften zu anderen Schulen seien ihr ein Herzensprojekt, betont Enzzine.
Reaktivierter Schulgarten
Bereits im vergangenen Jahr waren Auszubildende der BBS Verden nach Marokko gereist. Nun kamen Jugendliche aus dem Süden zum Gegenbesuch nach Deutschland. Wie schon in El Jadida steht auch in Verden ein gemeinsames Projekt auf dem Stundenplan. Im reaktivierten Schulgarten legen die Deutschen und Marokkaner aus dem 11. Jahrgang ein Bewässerungssystem an.
"Gemeinsam gegen Wasserverschwendung" lautet das Motto des binationalen Projekts. Denn obwohl es in Marokko deutlich wärmer und trockener ist als an der Aller, ist für beide Städte Wasser – insbesondere während sommerlicher Hitzewellen – ein kostbares Gut.
Kräuter mit heilender Wirkung
Schnittlauch, Melisse, Dill und Bärlauch sind nur einige der Kräuter, die künftig von dem ausgeklügelten Bewässerungssystem profitieren werden. Bei der Auswahl der Pflanzen, haben die Schülerinnen und Schüler sich an ihrer Wirkung orientiert, erklärt Lehrerin Sibylle Egner. Denn Dill ist nicht nur im Gewürzgurkenglas ein gern gesehener Gast, sondern soll zudem eine beruhigende Wirkung haben. Auch Melisse und Kamille sollen gegen Nervosität helfen. Petersilie und Bärlauch hingegen wird nachgesagt, Magenbeschwerden zu lindern.
Bevor die Kräuter jedoch in der Schulküche eingesetzt werden können, müssen sie in die Erde und wachsen. Ein perforierter Schlauch soll das Kräuterbeet umschließen und je nach Bedarf Wasser liefern. Sensoren überwachen die Bodenfeuchtigkeit. Kräuter, die besonders viel Flüssigkeit benötigen, sollen nahe am Schlauch gepflanzt werden, empfiehlt Egner. Jene, die es trockener mögen, finden etwas weiter von der Wasserquelle entfernt ihren Platz. Mit Wasserschläuchen durchzogen wird auch das kleine Kartoffelacker, das direkt neben dem Kräuterbeet liegt.
Partnerschaft soll Früchte tragen
Möglich wurde der Austausch vor allem durch finanzielle Unterstützung aus Deutschland. 15.000 Euro flossen unter anderem in Visa und Flüge. "In Marokko fehlt es an Fördertöpfen", erklärt Studiendirektor Frank Weinhold. Die evangelische Kirche und die Kreishandwerkerschaft mit der Innung Sanitär-Heizung-Klima Verden hätten unter anderem den Gegenbesuch der marokkanischen Jugendlichen ermöglicht. In einer Welt, die immer weiter auseinanderzufallen drohe, sei es wichtig, zusammenzuhalten, betont Superintendent Fulko Steinhausen beim Besuch der BBS. "Ich wünsche mir, dass diese Partnerschaft Früchte trägt." Das wünschen sich auch Weinhold sowie die anderen Lehrkräfte, die die Schulpartnerschaft mit Leben füllen. Insbesondere bei Auszubildenden sei es häufig schwierig, Auslandsaufenthalte zu ermöglichen, hat Lehrer Benjamin Mautz erfahren. Gerade für kleinere Betriebe sei es schwierig, die Jugendlichen für derartige Projekte freizustellen. Teilweise fehle auch das Verständnis, was für einen Mehrwert Aktionen wie der Austausch mit El Jadida für die Azubis und ihre Betriebe habe. Künftig wollen die Lehrerinnen und Lehrer noch mehr für die internationale Zusammenarbeit sensibilisieren.
Auch Jamila Enzzine, die mit ihren Schülern nach Verden gereist ist, wünscht sich, dass die Partnerschaft weiter wächst. Sie hofft, dass sich die Städte El Jadida und Verden auch über den Schulbetrieb hinaus weiter annähern. Eine große Gemeinsamkeit haben beide bereits: Wie die Allerstadt ist auch die marokkanische Stadt nahe Casablanca für ihre Pferdezucht bekannt.