Berne. Stilecht, typisch englisch: Teekannen, backfrische Scones, Streichrahm aus roher Kuhmilch und Marmelade stehen auf den Tischen, die sich weit über die Rasenflächen verteilen. „Die englische Tea Time passt nun mal zu diesem Landschaftsgarten“, sagt Matthias Rieger. Umgeben von Grünland hat er in Neuenkoop eine private Gehölzsammlung, ein sogenanntes Arboretum, geschaffen.
Zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Krise lässt Matthias Rieger, wie schon im letzten Jahr, wieder seinen englischen Nachmittagstee stattfinden, freilich unter strengen Hygieneauflagen. „In England ist die Tea Time am späten Nachmittag bei fast jedermann Brauch“, sagt Rieger, der mit seinem privat finanzierten Garten während des Lockdowns schwere finanzielle Einbußen erlitten habe. Sein etwa zwei Hektar großes Arboretum wurde vier Wochen nach Ostern wieder für den Besucherverkehr geöffnet. Nun finden auch wieder regelmäßig Führungen für die Öffentlichkeit statt.
Bevor sich jedoch die Gäste bei Tee und Gebäck an die Tische setzen, führt Gästeführerin Tibke Vehlies durch die gesamte Anlage, die 1996 eingerichtet und 2008 für den Besucherverkehr geöffnet wurde.
„Die Vision dieses Arboretums besteht auch darin zu zeigen, wie abwechslungsreich Gärten gestaltet werden können“, sagt Tibke Vehlies, „deshalb sind neben heimischen auch viele asiatische und mediterrane Gehölze versammelt – so gibt es Blütenfülle über das ganze Jahr, sogar im Winter.“ In vielen Themenbereichen, durch Hecken abgegrenzt, glaubt der Besucher entlegene Welten zu betreten: Steppengarten, Dschungelpfad, Gras- und Bambusgarten und sogar ein eigener Sandstrand mit Liegestühlen führen auf kleinem Raum nach China, in die Mittelmeerregion und in tropische Gefilde. Im marokkanischen Gang gehen die Besucher an einem blau leuchtenden Bassin entlang, in dem riesige Lotusblumen blühen und Goldfische schwimmen. „Das erinnert mich an die Alhambra in Spanien“, sagt Teilnehmer Jan Ulpts aus Bremen, der sich zur Tea Time angemeldet hat.
„Eigentlich sind die Magnolien längst verblüht, doch in diesem Arboretum wachsen etwa 50 Arten, und einige öffnen erst jetzt ihre Blüten“, sagt Gästeführerin Tibke Vehlies und zeigt eine Sumpfmagnolie, deren weiß-gelbe Blüten sich gerade öffnen.
Robuste Gehölze umgeben schützend die empfindlicheren Pflanzen. „Dadurch können in diesem Arboretum auch viele mediterrane Arten und sogar Bananen gedeihen“, sagt Tibke Vehlies.
Immer wieder setzen roter Klatschmohn und die Stauden des blauen Fingerhuts Farbakzente, wenn die Besucher durch Dickicht und Bambushaine streifen – bis der große Teich im Zentrum des Arboretums erreicht ist: Eine chinesische Pagodenbrücke führt zu einer Insel, „doch sie ist dem Schutz der Vogel- und Insektenwelt vorbehalten und soll nicht betreten werden“, sagt Tibke Vehlies. Alle Gewächse in diesem Bereich stammen aus China: Bambus, Gingko, aber auch die ungewöhnliche Baumaralie mit zahlreichen Stacheln an Ästen und Stamm.
Nach gewundenen Wegen durch Bambusdickicht öffnet sich der Blick auf eine Kies-Terrasse, hinter der ein sandiger Hang mit Weinstöcken bepflanzt ist. „Die Trauben werden selbstverständlich geerntet“, sagt Tibke Vehlies, „ebenso wie die Früchte an den zahlreichen Obstbäumen, die hier wachsen.“ Neben dem kleinen Weinberg gedeihen trockenheitsresistente Pflanzen aus dem Mittelmeer-Raum: Tamarisken mit feinen Zweigen und schuppenförmigen Blättern, Feigen, an denen schon die grünen Früchte reifen, aber auch Zypressen, die schlank in die Höhe ragen. „In Kürze verströmt der Lavendel seinen aromatischen Duft“, sagt Tibke Vehlies, die auch Spezialitäten des Arboretums wie eine grün blühende Rose und Bäume zeigt, die derzeit blühen, zum Beispiel Tulpenbaum oder Indische Rosskastanie.
Auch Stephanie Dallas und Samantha Hooton aus Großbritannien hat es zur Tea Time gelockt. Beide arbeiten in Bremen als Gymnasiallehrerinnen. Für sie ist der traditionelle Tee am Nachmittag natürlich eine Erinnerung an ihre Heimat, aber auch Erholung vom Stadtleben: „Wir genießen die Ruhe, fernab von lauten Straßen“, sagt Samantha Hooton, „für uns ist das Durchstreifen des Arboretums, als wenn wir eine weite Reise machen würden: nach Fernost und ans Mittelmeer, aber natürlich auch in einen englischen Landschaftsgarten.“ Auch Ralph Clemens aus Bremen genießt diese kleine Oase in der Nähe der Stadt Berne: „Der Kontrast zur Großstadt könnte gar nicht größer sein“, sagt er, „wenn man zum ersten Mal in dieses Arboretum kommt, staunt man, dass es hier solche Vielfalt und Schönheit gibt.“
Weitere Informationen
Weitere Informationen zum Arboretum in Berne, Neuenkooper Straße 64, finden sich unter www.arboretum-neuenkoop.de. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr. Weiterhin finden allgemeine Sonntagsführungen und auch private Führungen statt.