Vorsorgetermine während der Schwangerschaft, Geburtsvorbereitung, Wochenbettbetreuung, Rückbildungskurse und Tipps für die Säuglingspflege: Bei der Suche nach einem neuen Weg zur Versorgung von Schwangeren aus der nördlichen und mittleren Wesermarsch läuft alles auf eine ambulante Versorgung durch Hebammenstationen in Nordenham und Brake hinaus. Das ist das vorläufige Ergebnis einer Vielzahl von Gesprächen zwischen der Kreisverwaltung und den unterschiedlichsten Entscheidungsträgern der vergangenen Wochen, wie Landrat Thomas Brückmann im Kreistag berichtete. Hintergrund der Überlegungen ist – wie berichtet – die Schließung der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Helios-Klinik Nordenham Anfang Februar.
Kalt erwischt
Die Nachricht von der Schließung der Abteilung habe die Politik kalt erwischt, erklärte Brückmann. Die Kreisverwaltung habe unmittelbar danach das Gespräch mit Vertretern der Klinik und anderen Entscheidungsträgern gesucht. So trafen sich Brückmann und weitere politischen Vertreter aus der Wesermarsch unter anderem Ende Februar mit dem Vorstandsvorsitzenden sowie dem Regionalgeschäftsführer der Helios-Kliniken und erfuhren, dass die Schließung der Geburtsklinik nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt sei, sondern wegen des Personalmangels und der geringen Zahl von Geburten.
Die Entscheidung sei von der Helios Klinik in Nordenham getroffen worden. „Dieses ist in Abstimmung mit der Helios-Unternehmensführung, aber nicht auf deren Vorgabe erfolgt“, ließ sich der Vorsitzende der Helios-Geschäftsführung, Franzel Simon, in einer anschließend verbreiteten Erklärung zitieren. Die Helios-Vertreter stellten in dem Gespräch klar, dass eine Wiederöffnung der Geburtsklinik in Nordenham nicht zur Diskussion stehe, und brachten stattdessen eine ambulante Hebammenpraxis in den Räumen der Nordenhamer Klinik ins Gesprächt.
Kritik an mangelnder sozialer und finanzieller Anerkennung
Umstritten bleibt unterdessen, wie gut es um die Hebammenversorgung in der Wesermarsch bestellt ist und was getan werden sollte, damit es in Zukunft genug Hebammen in der Wesermarsch gibt. „Fast alle werdenden Eltern kennen die Situation, dass es immer schwerer wird, eine Hebamme zu finden“, beklagt Christina-Johanne Schröder (Bündnis 90/Die Grünen). „Manche finden auch keine.“ Hebammen ihrerseits beklagten seit Langem die mangelnde soziale und finanzielle Anerkennung für ihre wichtige Arbeit. Mit der Schließung der Geburtsstation in Nordenham ergebe sich noch ein weiteres Probleme. „Damit schließt auch die letzte medizinische Einrichtung in der Region, in der noch Abtreibungen bis zur zwölften Woche durchgeführt werden.“
Die Aussagen entstammen einem „Dringlichkeitsantrag“ zu den Themen Geburtshilfe, Hebammenversorgung, Frauen- und Elternpolitik, deren Dringlichkeit die Mehrheit im Kreistag jedoch zurückwies. Die Grünen wollten damit erreichen, dass Hebammen, ihre Verbände, Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, Frauen- und Elternverbände an einen öffentlichen Tisch geholt werden, um gemeinsam langfristige Maßnahmen zu erarbeiten, die die Situation von werdenden sowie jungen Eltern, schwangeren Frauen und praktizierenden Hebammen in der Situation verbessern.
Anlass war der Tagesordnungspunkt „Resolution der Stadt Wilhelmshaven zur Einrichtung eines Hebammenstudiengangs“ an der Jade-Hochschule ohne vorherige Beratung in den Fachausschüssen. Christina-Johanne Schröder kritisierte die vorschnelle Festlegung auf den Standort Wilhelmshaven und berief sich dabei auch auf die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, Ulla Bernhold, die die Resolution für nicht hilfreich hält. Bernhold warb ebenfalls dafür, die Abstimmung über die Resolution zu verschieben. Noch werde auf Landesebene diskutiert, wie die vorhanden Hebammen auf dem Weg zur Akademisierung der Hebammenausbildung mitgenommen, wie sie fortgebildet und wie die vorhandenen Hebammenschulen in das neue Ausbildungssystem integriert werden könnten.
Es half nichts. Die Verschiebung wurde abgelehnt und die Resolution am Ende bei vier Enthaltungen einstimmig verabschiedet. Hans-Dieter Beck (CDU) hatte zuvor für den Standort Wilhelmshaven geworben. Würde der Studiengang dagegen in Oldenburg eingerichtet, befürchtet Beck, die neuen Hebammen könnten anschließend dort bleiben wollen, statt sich beispielsweise in Nordenham anzusiedeln.
Der erste Kreisrat Hans Kemmeries hatte an die Abgeordneten appelliert, die Resolution nicht zu wichtig zu nehmen. Schließlich handle es sich lediglich um eine politische Stellungnahme. Reiner Gollenstede von der UWG sprach sie für die Resolution und eine anschließende Beratung der weiteren Fragen in den Ausschüssen aus.