Elsfleth. In Elsfleth, genauer im Ortsteil Huntorf, steht eines von weltweit nur zwei Kraftwerken, in denen Druckluft als Energiespeicher verwendet wird. Der niedersächsische Forschungs- und Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) hat die Druckluftspeicheranlage am Montagvormittag besucht. Gemeinsam mit Carsten Agert, dem Direktor des Oldenburger DLR-Institutes für vernetzte Energiesysteme, ließ sich Thümler von Produktionsleiter Uwe Krüger Planungen zur Erweiterung des Standorts Huntorf erläutern. Diese basieren auf Wasserstoff als Energiequelle.
Seit gut 40 Jahren speichert das Kraftwerk Huntorf in 650 bis 800 Meter tief gelegenen Kavernen unter dem Betriebsgelände die Energie, die in komprimierter Luft steckt. Möglich ist die Form der Speicherung durch einen unter dem kombinierten Druckluftspeicher- und Gasturbinenkraftwerk befindlichen Salzstock.
Sicherung des Atomkraftwerks
Ursprünglich sollte das Druckluftspeicherkraftwerk zu Zeiten, in denen die Verbraucher wenig Strom abnehmen, den Grundlaststrom des nahe gelegenen Kernkraftwerks Unterweser aufnehmen. In Spitzenlastzeiten sollte es dann die gespeicherte Energie wieder ins elektrische Netz einspeisen – sowie im Fall eines Netzzusammenbruchs die Notstromversorgung des Kernkraftwerks absichern. Denn ein wesentliches Merkmal eines Druckluftspeicherkraftwerkes ist, dass es sehr schnell gestartet werden kann. In Huntorf steht die volle Leistung nach Auskunft von Uniper-Produktionsleiter Uwe Krüger nach nur neun Minuten zur Verfügung. Mittlerweile ist das Huntorfer Kraftwerk an das Stromnetz des Betreibers Tennet angeschlossen.
Geführt wird das Kraftwerk Huntorf heute von der Uniper Kraftwerke GmbH. Es läuft vollautomatisch und bedarf keiner ständigen Betriebsmannschaft vor Ort. Lange Zeit wurde es vom Kraftwerk Bremen-Farge aus ferngesteuert. Seit dieses 2009 von E.ON verkauft wurde, wird die Fernsteuerung vom Uniper-Kraftwerk Wilhelmshaven aus vorgenommen.
Gemeinsam mit der Technischen Universität Clausthal erforscht Uniper derzeit den Einsatz von mit regenerativer Energie hergestelltem Wasserstoff anstelle von Erdgas in der Brennkammer der Gasturbine. Da sich das zweite bestehende Druckluftspeicherkraftwerk im US-Bundesstaat Alabama befindet, spricht Krüger von einem Alleinstellungsmerkmal. Das wird es in naher Zukunft wohl auch behalten, denn in Deutschland bietet nach Auskunft von Carsten Agert nur Niedersachsen die passenden geologischen Voraussetzungen.
Wissenschaftsminister Björn Thümler freut sich, dass das Unternehmen Uniper abseits des Hypes um Elektroenergie Wasserstoff als Energiequelle nutzen will. Er wies auf eine Wasserstoffallianz hin, die sich jüngst in der Wissenschaft gegründet habe. Damit sich der Einsatz von Wasserstoff lohnt, soll das Speicherkraftwerk am Huntorfer Damm technisch erweitert werden. Ein neuartiger sogenannten Booster-Verdichter soll die Speicherkapazität der bestehenden Druckluftkavernen erhöhen. Ein zusätzlicher Abgaswärmetauscher würde gleichzeitig den Brennstoffbedarf der Anlage reduzieren und den Wirkungsgrad steigern. Eine ebenfalls neuartige brennstofffreie Speicherluft-Entspannungskabine soll die Leistung der Bestandsanlage steigern.
Bergerprobung steht noch aus
Wasserstoff sei zwar aufgrund eines nur rudimentär vorhandenen Verteilernetzes noch sehr teuer und derzeit kaum vermarktbar, stellte Projektleiter Krüger fest, doch werde sein Unternehmen die Abwärme des Wasserstoffs selber nutzen, bis ein größeres Transportnetz eingerichtet ist.
Ob die gut 40 Jahre alten Kavernen dem künftig erhöhten Druck standhalten, werde gerade berechnet, informierte der Projektleiter weiter. Die sogenannte Bergerprobung stehe zwar noch aus, aber bislang seien die Erfahrungen gut und keine negativen Auswirkungen zu erwarten. Mit der Aussage beantwortete er ein Frage Hartmut Doyens. Der Elsflether Bauamtsleiter nahm mit seiner Chefin, Bürgermeisterin Brigitte Fuchs, ebenfalls an dem Treffen im Kraftwerk teil.
Trotz der geplanten Veränderungen werde Uniper sein Betriebsgelände nicht vergrößern müssen, teilte Krüger mit. Der Booster-Verdichter werde ins Turbinenhaus integriert und für die Entspannungsturbine stehe noch Platz auf dem vorhandenen Areal zur Verfügung. Die geplante Anlage sei nur wirtschaftlich zu betreiben, weil bereits ein Druckluftspeicherkraftwerk vorhanden sei. „Eine Investition in eine ganz neue Speicheranlage für Wasserstoff lohnt sich noch nicht.“
Für die Übergangszeit, bis Wasserstoff flächendeckend nachgefragt wird, werde Uniper die Energie selber nutzen. Krüger betonte jedoch: „Ziel ist es, den Wasserstoff in Umlauf zu bringen, nicht die Rückverstromung.“ Die Erweiterung der Anlage sei in rund eineinhalb Jahren realisierbar. Der Umbau des Versorgungsnetzes sowie die Steigerung der Nachfrage würden hingegen einige Jahre länger dauern. „Es sind noch viele technische Elemente zu testen“, bekräftigte Roman Weber vom Institut für Energieverfahrenstechnik und Brennstofftechnik an der Technischen Universität Clausthal.
Mit einem Seitenblick zu Bürgermeisterin Fuchs und Bauamtsleiter Doyen stellte DLR-Institutsleiter Carsten Agert fest, dass er sich ein Wasserstoff betriebenes Wohnviertel als Forschungsprojekt wünschen würde. Minister Björn Thümler setzt auf Wasserstoff, da er eine Möglichkeit bietet, autarker zu sein. „Oberflächenwasser ist hier ausreichend vorhanden.“