Zählernummer und Anschrift reichen: Schon mit wenigen Angaben kann man den Stromanbieter wechseln. Was für preis- oder umweltbewusste Verbraucher ein Vorteil ist, machen sich allerdings auch dubiose Firmen zunutze.
Sie jubeln unbedarften Kunden am Telefon oder an der der Haustür einfach einen neuen Vertrag unter, warnte die Verbraucherzentrale Niedersachsen (VZN) am Montag in Hannover. „Die Rückabwicklung ist extrem schwierig“, sagte Geschäftsführerin Petra Kristandt. „Oft gelten dann nicht mehr die alten, meist günstigeren Konditionen des bisherigen Energieversorgers.“
Die Verbraucherschützer raten daher, Schreiben auch von anderen Strom- und Gasanbietern ernst zu nehmen und bei kleinsten Hinweisen auf einen ungewollten Vertragswechsel sofort zu reagieren, etwa mit einem Widerspruch oder einer vorsorglichen Kündigung. Die VZN-Chefin forderte auch die Politik zu Nachbesserungen auf. „Es darf nicht sein, dass es den schwarzen Schafen auf dem Energiemarkt so leicht gemacht wird.“ Zwar habe die Möglichkeit des bequemen Anbieterwechsels durchaus zu mehr Wettbewerb geführt, aber man müsse über gewisse Schranken, etwa eine zwingende Schriftform für den neuen Vertrag nachdenken.
Zweifelhafte Inkasso-Dienste
Mehr als 80 000 Menschen baten im vergangenen Jahr die VZN um konkrete Hilfe. Ein Hauptproblem waren dabei zweifelhafte Inkasso-Dienste, die Geld für Telekommunikationsfirmen, Glückspielanbieter oder auch Kennenlern-Portale einzutreiben versuchen. „Da kommt aus heiteren Himmel eine Rechnung über 100 oder 200 Euro“, berichtete Kristandt.
„Es wird gemahnt, es wird gedroht.“ Mancher Verbraucher lasse sich einschüchtern oder wolle einfach nur Ärger mit der Familie vermeiden. So zahlten sie dann auch mal 90 Euro an einen vermeintlichen Telefonsex-Anbieter. Gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Niedersachsen arbeitet die VZN an einem Frühwarnsystem, um vor neuen Maschen rechtzeitig warnen zu können.
So auch vor Kostenfallen im Internet. Unseriöse Shops hielten sich nicht an die vor einigen Jahren eingeführte Button-Lösung, bei der Kunden Online-Käufe ausdrücklich per Klick bestätigen müssten, erklärte VZN-Vorstand Randolph Fries. „Plötzlich haben Sie ein Abo am Hals.“ Teilweise gebe es auch reine „Fake-Shops“, die überhaupt nichts im Angebot hätten. „Diese sind nur dazu da, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen“, meinte Fries. Er riet dringend dazu, sich vor einer Bestellung über den vermeintlichen Anbieter kundig zu machen.
Ärger bei Handwerkerleistungen
Ärger droht laut VZN aber auch bei den klassischen Handwerkerleistungen: So unterschrieb ein Hildesheimer einen Vertrag für eine Balkonsanierung zum Festpreis von 4220 Euro. Zugrunde gelegt waren dafür 50 Facharbeiter-Stunden. Tatsächlich brauchte die Firma aber nur die Hälfte. Doch der Mann blieb auf dem Gesamtbetrag sitzen. „Festpreise sind verbindlich“, meinte VZN-Chefjuristin Anke Kirchner. Ihr Tipp: Vor einer Unterschrift sollte man sich als Kunde unbedingt mehrere Vergleichsangebote einholen. Dann seien Festpreise auch zu empfehlen, um später vor bösen Überraschungen gewappnet zu sein.
Angesichts dramatisch sinkender Garantieerträge bei Lebensversicherungen empfahl VZN-Geschäftsführerin Kristandt, die eigene Altersvorsorge von Fachleuten unter die Lupe nehmen zu lassen. So rentiere sich das betriebliche Modell, bei dem ein Teil des Gehalts in Prämienzahlungen umgewandelt werde, nur dann, wenn sich der Arbeitgeber dort ebenfalls mit einem nennenswerten Zuschuss beteilige.
Wer dagegen heute mit 30 Jahren beginne, allein in eine solche zusätzliche Rentenversicherung einzuzahlen, bekomme diese Summe nur raus, wenn er älter als 92 Jahre werde, rechnete Kristandt vor. Altersarmut treffe nicht nur Geringverdiener: „Es wird für viele im Alter erschreckend eng werden“, sagte die VZN-Geschäftsführerin.
Wie sich Verbraucher vor Abzocke schützen können, erklärt die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite: www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de.
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