Mehr Geld, mehr Lehrer, mehr Sozialarbeiter, mehr Planungssicherheit: Mit einem umfangreichen Paket will Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) zum neuen Jahr die 132 öffentlichen Berufsschulen (BBS) im Land stärken. „Für 2020 sind damit sowohl finanziell als auch stellenmäßig realistische Rahmenbedingungen erfüllt, um die Situation der beruflichen Bildung in Niedersachsen verbessern zu können“, erklärte Tonne in Hannover. Der Etat für die BBS steigt im nächsten Jahr um rund 65 Millionen Euro auf insgesamt 768 Millionen Euro.
Vorausgegangen war ein heftiger Streit. Die Berufsschulen hatten wiederholt das komplizierte Finanzierungssystem beklagt, wonach sie vor allem nach dem Jahreswechsel massive Etatkürzungen hinnehmen mussten. Bislang bestritten die BBS ihr Budget für Vertretungslehrer aus nicht genutzten Haushaltsüberschüssen aus den Vorjahren.
Diese Summen schwankten naturgemäß kräftig: Standen 2018 noch 27 Millionen Euro an Ausgaberesten zur Verfügung, waren es Anfang 2019 nur noch elf Millionen Euro. Das brachte viele Berufsschulen an ihr Limit, weil sie ihre Personallücken nicht mehr kurzfristig stopfen konnten. „Das war ein großes Problem“, gab selbst der Minister unumwunden zu.
Doch damit soll nun Schluss sein. Ergänzend zum weiterhin möglichen Einsatz von Überschüssen sollen die BBS künftig ein festes „Vertretungslehrerbudget“ von insgesamt 15 Millionen Euro erhalten – und zwar dauerhaft jedes Jahr. „Das gibt Planungssicherheit“, betonte der Ressortchef. „Die BBS werden so nachhaltig gestärkt und können flexibel auf kurzfristige Lehrkräftebedarfe reagieren.“ Sie könnten diese Mittel beispielsweise eigenverantwortlich für befristete Beschäftigungsverhältnisse einsetzen. Neben dem festen Topf stehen laut Ministerium für 2020 voraussichtlich weitere 15,3 Millionen Euro an Ausgaberesten aus dem Vorjahr zur Verfügung.
Befristete Lehrkräfte bekommen A-13-Lehrerstellen
Mit noch mal 15 Millionen Euro zusätzlich festigt die SPD/CDU-Landesregierung 260 bislang befristete A-13-Lehrerstellen. Diese waren ursprünglich im Zuge des starken Flüchtlingszuzugs im Rahmen des „Sprint“-Projekts vorübergehend zur schnellen beruflichen Qualifizierung junger Migranten eingesetzt worden. Jetzt sollen diese Lehrkräfte dauerhaft an den BBS bleiben. Auch 50 Verträge für Schulsozialarbeiter, die eigentlich Ende 2019 hätten auslaufen sollen, wandelt das Ministerium in unbefristete Stellen um, damit die Integrations- und Inklusionsarbeit an den BBS wie gewohnt weiterlaufen kann. „Es geht darum, Jugendliche bei Problemen zu beraten und bei der Berufs- und Lebensplanung zu unterstützen“, sagte Tonne.
Zudem sollen mit fünf Millionen Euro 85 zusätzliche Planstellen für Lehrkräfte in der Erzieherausbildung geschaffen werden. Dieser wichtige Beruf erfreue sich hoher Beliebtheit; fast 16.000 Schüler seien es in diesem Schuljahr. Dieses Potenzial wolle man weiter ausbauen, erklärte der Minister. Neben weiteren vier Millionen Euro für Fortbildungen, Dienstreisen und Klassenfahrten sieht Tonnes BBS-Paket allerdings auch 23 Millionen Euro für die Tarifsteigerungen vor.
Von einer „Mogelpackung“ sprach denn auch die Opposition. „Es ist schon ein starkes Stück, zurückgenommene Kürzungen als Qualitätsoffensive zu verkaufen“, kritisierte die Grünen-Abgeordnete Julia Hamburg. Immerhin bekämen die Berufsschulen „endlich mehr Planungssicherheit und Kontinuität“. Von „Schönrechnerei“ sprach FDP-Fraktionsvize Björn Försterling. Die von Minister Tonne gefeierten 260 verstetigten Lehrerstellen seien doch längst im System gewesen. Außerdem hätten die Fraktionen von SPD und CDU erst auf Druck der BBS kurz vor Ende der Etatberatungen noch schnell die Hälfte der 15 Millionen Euro für das feste Vertretungsbudget nachschießen müssen. „Die Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen bleibt unzureichend“, schimpfte der Liberale.
An den 132 öffentlichen Schulen des Landes unterrichten rund 11.100 Lehrkräfte mehr als 240.000 Schüler. Die größten BBS werden von bis zu 3300 Schülern besucht. Die Unterrichtsversorgung lag vor mehreren Jahren noch deutlich unter 90 Prozent, konnte sich laut Ministerium aber 2017 und 2018 um jeweils 1,3 Prozentpunkte auf 91 Prozent steigern. „Für 2019 gilt eine Stabilisierung rund um diesen Wert als erwartbar“, teilte das Ministerium mit. Vielleicht könne man den Wert sogar „ein Stück weiter nach oben“ bringen“, ergänzte der Ressortchef optimistisch.