Acht Tage war der achtjährige Joe aus Oldenburg verschwunden. Am vergangenen Samstag dann die erlösende Nachricht: „!! !! Der achtjährige #Joe lebt !! !!“, twitterte die Polizei in Oldenburg am Morgen. Der Junge war in einem Gully gefunden worden.
Noch völlig offen ist, wie der Achtjährige in den Schacht kam. Denn den zentnerschweren Deckel bekommt auch ein kräftiger Erwachsener nicht so leicht angehoben. Die Polizei ermittele in alle Richtungen. So sei etwa denkbar, dass das Kind an einer anderen Stelle des verzweigten Kanalsystems ins Tunnellabyrinth geklettert und anschließend durch die Röhren gekrabbelt sei, erklärte ein Polizeisprecher.
Die Frage, wo der geistig behinderte Joe geblieben sein könnte, hatte Menschen bundesweit beschäftigt. Die verbreiteten Bilder zeigten ein Kind mit Lockenkopf, das fröhlich in die Kamera strahlt. Je länger die vergebliche Suche dauerte, umso mehr stieg die Angst, ihn nicht mehr lebend zu finden. Auch die Möglichkeit eines Gewaltverbrechens schloss die Polizei zwischenzeitlich nicht aus. Eine Mordkommission wurde nach einem Zeugenhinweis eingerichtet. Es werde weiterhin nicht ausgeschlossen, dass jemand Joe absichtlich in den Gullyschacht gelegt hat. „Auch diese Möglichkeit werden wir weiter im Blick behalten“, sagte ein Polizeisprecher.
Roboter suchen im Kanalsystem nach Hinweisen
Klarheit soll nun die Spurensuche rund um den Gullydeckel schaffen, unter dem Joe gefunden wurde. Seit Samstag wird der Bereich akribisch abgesucht. Ermittler hatten unter anderem nach oberirdischen Eingängen in das Kanalsystem gesucht und einen nicht abgedeckten Schacht ganz in der Nähe des Gullydeckels untersucht. Zudem ist eine Fachfirma nach Angaben der Polizei seit Sonntag mit Robotern in dem Tunnelsystem im Einsatz und sucht nach Hinweisen. Die Rohre seien teilweise so eng, dass kein Erwachsener durchkomme, erklärte die Polizei.

Auf Monitoren werden die Bewegungen eines Roboters durch das Kanalsystem gesteuert. Eine Kamera zeigt, das Innere der Röhre.
Wie lange war Joe in dem Gullyschacht?
Offen ist noch, seit wann und wie lange der Junge in der Kanalisation war. Unklar bleibt bislang auch, warum Hunde bei der Suche nach dem Jungen nicht angeschlagen hatten. Der Gullyschacht befindet sich nur etwa 200 Meter von Joes Elternhaus entfernt.
Wie das Kind an ausreichend Wasser gelangen konnte, sei nach Medienangaben auch nicht eindeutig geklärt. Weil er in einem Abfluss-Schacht für Regenwasser gefunden wurde, könnte er zumindest etwas zu Trinken gehabt haben, sagte ein Polizeisprecher.

Ein Siegel der Polizei klebt auf einem Gullydeckel, unter dem ein vermisster Junge lebend gefunden wurde.
Zu Details, etwa welche Kleidung Joe beim Auffinden trug und in welchem Zustand sie war, machten die Ermittler keine Angaben. Zu den offenen Fragen des Falls zählt auch, warum der Junge von Zeugen angeblich noch Mitte der Woche fünf Kilometer entfernt im Umfeld eines psychiatrischen Krankenhauses gesehen wurde – und dort auch Spürhunde anschlugen.
Derzeit befindet sich Joe in einem Krankenhaus und wird dort behandelt. Wegen der niedrigen Temperaturen in der Nacht war der Junge deutlich unterkühlt gewesen. Ob er die offenen Fragen beantworten kann, ist noch unklar. Dem Kind gehe es den Umständen entsprechend gut, erklärte die Polizei. Nach Medienangaben sei der Junge von den Beamten noch nicht befragt worden. Man wolle dem Kind Ruhe gönnen und erst in den kommenden Tagen mit ihm sprechen.