Von Jesus Christus bis zu den deutschen Fußball-Weltmeistern spannte Niedersachsens Regierungschef den thematischen Bogen seiner Rede im Kloster Loccum. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte Gottes Sohn am Dienstag beim Epiphanias-Empfang der Evangelischen Landeskirche als prominentes Beispiel für ein Flüchtlingskind, die Elitekicker verschiedener Herkunft für ein gelebtes Miteinander, das „Begabungen und Talente anderer“ erfolgreich für sich nutzt.
Das erste große gesellschaftliche Stelldichein des neuen Jahres in Niedersachsen mit 140 geladenen Gästen aus Kirchen, Politik, Justiz, Polizei, Kommunen und Wirtschaft stand ganz im Zeichen von Flucht und Asyl, von Ängsten und Hoffnungen, natürlich auch von islamfeindlichen Protesten unter dem Namen „Pegida“. Ableger dieser in Dresden begonnenen Bewegung schwappen jetzt auch nach Hannover und Lüneburg über. Niedersachsen habe sich bislang „immun“ gezeigt gegen derlei Gedankengut, erklärte Weil vor dem Betreten des Klosters. Umso mehr gelte es für ihn, gemeinsam mit der rot-grünen Landesregierung am nächsten Montag auf einer Gegendemonstration in Hannover Flagge zu zeigen. „Wir wollen deutlich machen, dass wir ein weltoffenes, respektvolles Land sind.“
Einige Minuten später in der altehrwürdigen Bibliothek unterschied der Ministerpräsident dann aber doch: „Keine Nachgiebigkeit gegenüber dumpfer Ausländerfeindlichkeit, sehr wohl Nachdenklichkeit gegenüber nachvollziehbaren Sorgen und Ängsten – das scheint mir der richtige Weg zu sein.“ Ebenso differenziert betrachtete der SPD-Politiker angesichts von 20 000 Flüchtlingen, die 2014 nach Niedersachsen gekommen waren, die aktuelle Asylpolitik und löste bei den anwesenden Ministern und Abgeordneten der Grünen und auch einigen Kirchenleuten zumindest Stirnrunzeln aus. Es gebe eben Länder mit Ablehnungsquoten von 99 Prozent wie die Balkanstaaten. Menschen von dort müsse man dann auch „konsequent veranlassen, wieder zurückzugehen“, sagte Weil. „Die Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass das Grundrecht auf Asyl am Ende denen zu Gute kommt, für die es gemacht ist.“
Von einer „Irritation unserer Gesellschaft“ sprach der Landesbischof mit Blick nach Dresden. „Lass sie uns nicht dramatischer machen als sie ist“, bat Meister und erinnerte lieber an die Hunderttausende im Land, die nicht auf die Straße gingen, sondern stattdessen Not linderten. „Sie halten keine Banner, sondern die Hand, die Geleit braucht.“ Wie zuvor schon Weil lobte er das bürgerschaftliche Engagement bei der Aufnahme von Asylbewerbern, nannte das anrührende Beispiel einer älteren Frau, die kurz vor Weihnachten im neuen Aufnahmelager in Osnabrück gemeinsam mit einem kleinen Flüchtlingskind aus Syrien puzzelte und malte. Meister mahnte, dass man keine Religion – „weder den Islam noch das Christentum“ – instrumentalisieren, dass man die Debatten nicht mit völkischen Tönen führen dürfe. Aber er sei großer Hoffnung, dass diese ethnisch, religiös und politisch vielfältige Gesellschaft ihre Herausforderungen meistern werde. „Das ist in unserem Land schon mehrfach und gut gelungen.“
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