Hannover. Vehement hat Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) dem vom grünen Regierungspartner in Auftrag gegebenen Autobahn-Gutachten widersprochen: „Die A 20 und A 39 werden gebaut!“ unterstrich der Minister am Freitag sein Bekenntnis zu den Trassen und seine Freude darüber, dass beide Projekte auf Antrag des Landes in den sogenannten vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) aufgenommen wurden.
Noch in diesem Monat soll der bis ins Jahr 2030 zukunftsweisende Verkehrsprojektplan endgültig verabschiedet werden. Die Grünen-Landtagsfraktion hatte – wie berichtet – ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Verfasser zu dem Schluss gekommen sind: Die Baukosten sind künstlich herunter-, die Verkehrsprognosen dagegen heraufgerechnet worden.
Weder die Küstenautobahn A 20 (Kosten: rund 2,8 Milliarden Euro) noch die A 39 als Verbindung Lüneburg-Wolfsburg (842 Millionen Euro) hätten bei zugrunde gelegten realistischen Werten in den vordringlichen Bedarf des BVWP-Entwurfs aufgenommen werden dürfen. Das hatte Wulf Hahn von der mit dem Gutachten beauftragten Marburger Agentur Regio-Consult dem WESER-KURIER gesagt.
„Es gibt für mich überhaupt keinen Grund, die Berechnungen aus Berlin zu den Projekten A 20 und A 39 anzuzweifeln, und wir werden dazu auch keine eigenen Berechnungen anstellen“, heißt es in einer Mitteilung von Minister Lies. „Der Bund wird bei seiner Entscheidung bleiben, und wir werden beide Autobahnen planen und bauen. Das Gutachten erfüllt nur einen Zweck: Es füllt für ein paar Tage das Sommerloch.“
Die oppositionelle CDU forderte deswegen am Freitag ein Machtwort von Ministerpräsident Stephan Weil. Der SPD-Politiker soll beim geplanten Ausbau der Autobahnen 20 sowie 39 für Klarheit sorgen, so der CDU-Landtagsfraktionsvize Jörg Hillmer.
Mit Unverständnis reagierte die Oldenburgische Industrie- und Handelskammer (IHK). Die in der aktuellen Studie geäußerten Kritikpunkte seien bereits bekannt. „Künftig wird die A 20 die wichtigste Ost-West-Verbindung im Norden Deutschlands sein“, sagte IHK-Präsident Gert Stuke.
„Dieser Verkehrswegeplan ist blamabel: Minister Dobrindt und sein niedersächsischer Staatssekretär Enak Ferlemann unternehmen den letzten Versuch, eine gestrige Verkehrspolitik durchzuzocken“, teilte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Susanne Menge, mit. „Einzig die Lobbyisten werden es ihnen danken.“ Die Autobahnplanungen sind im rot-grünen Koalitonsvertrag festgeschrieben.
Das Umweltbundesamt hatte ein vernichtendes Urteil über den Planentwurf gefällt, als dieser im Frühjahr vorgestellt worden war: „Der Bundesverkehrswegeplan besteht seine eigene Umweltprüfung nicht.“