Geflügelmäster müssen künftig Rücksicht auf ihre Nachbarn nehmen Mehr Luftfilter in Ställen

Oldenburg·Leipzig. Betreiber von Geflügelmastanlagen müssen künftig deutlich öfter als bisher Anlagen zur Luftreinhaltung in ihre Ställe einbauen. Das ist die Konsequenz eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig von Donnerstag (Aktenzeichen: 7 C 10.
24.07.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 2 Min
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Von SVEN EICHSTÄDT

Betreiber von Geflügelmastanlagen müssen künftig deutlich öfter als bisher Anlagen zur Luftreinhaltung in ihre Ställe einbauen. Das ist die Konsequenz eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig von Donnerstag (Aktenzeichen: 7 C 10.13). „Wenn die Geflügelställe in der Nachbarschaft zu Wohnbebauung errichtet werden sollen, kann die Abluftbehandlung eine im Einzelfall erforderliche und wirtschaftlich zumutbare Vorsorgemaßnahme sein“, führte Richterin Renate Philipp zur Begründung an.

Konkret betroffen von der höchstrichter-lichen Entscheidung ist der Betreiber einer Hähnchenmastanlage in Wardenburg im Landkreis Oldenburg. Der Landwirt Heino Suhr hat in Wardenburg zwei Ställe errichtet, in denen 84 900 Hähnchen aufgezogen werden.

Dabei hatte Suhr gegen den Landkreis Oldenburg geklagt, weil das Landratsamt ihm die Genehmigung für seine Hähnchenmast nur dann erteilen wollte, wenn der Unternehmer in seine beiden Ställe eine Anlage zur Reinigung der Abluft, die nach draußen dringt, einbaut. Dabei geht es darum, dass der Ausstoß von Bioaerosolen vermindert werden soll.

Bei Bioaerosolen handelt es sich um einen organischen Staubcocktail, der in der Luft von Tierställen schwebt und unter anderem Bakterien, Schimmelpilzsporen und tierische Eiweiße enthält. Wenn diese Bioaerosole eingeatmet werden, können sie bei Arbeitern im Stall, Anwohnern und auch bei Tieren Entzündungen verursachen – vor allem in der Lunge und in den Bronchien. Außerdem können sie Allergien auslösen.

Landwirt Suhr wehrte sich gerichtlich gegen die Auflage des Landratsamts Oldenburg von Mai 2012, dass er eine solche Anlage zur Abluftbehandlung einbauen sollte. Im Februar 2012 gab das Verwaltungsgericht Oldenburg dem Unternehmer recht. Die Oldenburger Richter argumentierten, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die von der Behörde geforderte Anlage dem Stand der Technik entspreche und die Ställe auch mit der Abluftbehandlung wirtschaftlich betrieben werden könnten.

Das Ziel, die menschliche Gesundheit zu schützen, müsse deshalb bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit zurückstehen. Da das Verwaltungsgericht die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zuließ, verhandelte der siebente Senat in Leipzig nun über die Revision des Landratsamts gegen das Oldenburger Urteil.

Die fünf Bundesrichter hoben die Oldenburger Entscheidung auf und verwiesen das Verfahren zur neuen Verhandlung dorthin zurück. „Allein der Umstand, dass an einem Standort die Hähnchenmast mit einer Abluftbehandlungsanlage nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, führt nicht dazu, dass die Forderung nach dem Einbau einer solchen Anlage nicht verhältnismäßig wäre“, sagte Richterin Philipp zur Begründung.

„Die Zurückverweisung zur neuen Verhandlung nach Oldenburg ist wichtig, damit Feststellungen getroffen werden können, wie groß die Zusatzbelastung an den Wohngrundstücken an diesem Standort mit Bioaerosolen durch die Hähnchenmastanlage ist“, so Philipp. 250 Meter entfernt von den beiden Hähnchenställen befindet sich ein Wohnhaus.

Somit ist wahrscheinlich, dass bei der neuen Verhandlung in Oldenburg wegen der höchstrichterlichen Vorgaben aus Leipzig als Ergebnis herauskommen kann, dass Landwirt Suhr doch eine Abluftbehandlungsanlage in seine Ställe einbauen muss. Hinzu kommt, dass seit dem Urteil aus Oldenburg inzwischen mehr als drei Jahre vergangen sind und die Forschung und Technik zur Filterung von Bioaerosolen sich stark weiter entwickelt hat, wie Mitarbeiter von Bundesministerien vor dem Bundesverwaltungsgericht berichteten.

Inzwischen sollen rund 180 Geflügelställe in der Bundesrepublik mit solcher Filtertechnik ausgerüstet sein. Bei der Schweinemast ist der Einbau solcher Abluftreinigungen in vielen Bundesländern sogar Pflicht.

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