Hannover. Jetzt muss auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) über die umstrittenen Aufträge für den Werbeslogan „Niedersachsen. Klar.“ Rede und Antwort stehen. Für die schwarz-gelbe Opposition ist es inzwischen ausgemacht, den Regierungschef als Zeugen vor den Untersuchungsausschuss zu den Vergabeaffären im Wirtschaftsministerium und in der Staatskanzlei vorzuladen.
Grund ist ein am Wochenende aufgetauchter Vermerk aus der Regierungszentrale vom 11. Mai 2016, in dem Weil persönlich mit seiner Kurzunterschrift das weitere Vorgehen bei der Suche nach dem Reklamespruch gebilligt hatte. Die Zustimmung betraf insbesondere den Folgeauftrag an den SPD-nahen Kommunikationsberater Michael Kronacher, mit drei Werbeagenturen eine Präsentationsrunde (Pitch-Verfahren) durchzuführen. Bisher galt der „Klar“-Claim als Angelegenheit von Regierungssprecherin Anke Pörksen.
„Die Hinweise verdichten sich, dass der Ministerpräsident selbst Teil des Systems war“, erklärte FDP-Obmann Christian Grascha. „Weil kann sich nicht mehr wie ein unbeteiligter Dritter verhalten und sich hinter seinen Staatssekretären und Pressesprechern verstecken.“ Auch CDU-Kollege Uwe Schünemann bekräftigte, dass Weil vor dem Gremium erscheinen müsse. „Zu all diesen Vorwürfen muss sich der Ministerpräsident umgehend erklären.“ Eine Vernehmung des Ministerpräsidenten können bereits zwei der neun Mitglieder des Untersuchungsausschusses erzwingen. Das Gremium beginnt am 1. August mit den ersten Zeugenaussagen. Vor anderthalb Wochen hatte Staatskanzleichef Jörg Mielke (SPD) rechtliche Fehler bei der anfänglichen Einschaltung Kronachers eingeräumt, den Vorwurf der Manipulation aber zurückgewiesen. Jetzt erklärte die niedersächsische Regierungszentrale, der Folgeauftrag sei juristisch nicht zu beanstanden. In dem von Stephan Weil unterschriebenen Vermerk sei es im Übrigen gar nicht um vergaberechtliche Fragen gegangen. Schünemann wies diese Sichtweise umgehend zurück. Auch für den Anschlussauftrag hätte man andere Anbieter vorher fragen müssen. Ein möglicher Mehraufwand sei vergaberechtlich irrelevant. Grascha forderte, Weil müsse seine tatsächliche Befassung mit dem Werbeslogan darlegen.
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