Hannover. Mit dem Aus der Studiengebühren will Niedersachsens Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne) auch die Langzeitstudenten bei den Verspätungszuschlägen entlasten. Nach Kontroversen im Vorfeld der Pläne sind die Hochschulen jetzt mit der geplanten Kompensation zufrieden.
Ein „linke Tasche rein, rechte Tasche raus“ soll es für Niedersachsens Hochschulen nicht geben. Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne) will nicht nur den Ausfall der Studiengebühren komplett ausgleichen. Sie will allen Universitäten und Fachhochschulen in dieser Legislaturperiode feste Landesmittel garantieren. „Sie sollen bis 2018 von Einsparmaßnahmen ausgenommen werden“, kündigte die Ministerin in Hannover an.
Damit möchte Ministerin Heinen-Kljajic vermeiden, dass die den Hochschulen versprochene Kompensation der Studienbeiträge von jährlich insgesamt 128 Millionen Euro durch Kürzungen an anderer Stelle wieder aufgefressen wird. Zur Umsetzung schwebt der Ministerin eine Art Neuauflage des Zukunftspakts vor. Das letzte Wort in Haushaltsfragen habe zwar der Landtag; sie gehe aber von einem positiven Votum der rot-grünen Koalition aus, sagte Gabriele Heinen-Kljajic. Von Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD) habe sie keine Vorbehalte gehört.
Offen ist dagegen immer noch das genaue Datum für die Abschaffung der Studiengebühren von 500 Euro pro Semester und Student. Heinen-Kljajic strebt das Sommersemester 2014 an. Wegen der angespannten Finanzlage könnte das Aus aber auch erst zum Wintersemester 2014/15 kommen. Die Entscheidung darüber will die rot-grüne Landesregierung auf ihrer Haushaltsklausur Anfang Juli treffen.
Studentenvertreter kritisierten den späten Zeitpunkt. Das Argument, man könne die Campus-Maut wegen des noch von Schwarz-Gelb verabschiedeten Doppelhaushalts 2012/13 nicht eher abschaffen, sei nicht stichhaltig. Nur noch Bayern und Niedersachsen kassieren die Campus-Maut, Bayern hat die Abschaffung zum kommenden Wintersemester beschlossen.
Die Kompensation für die Einnahmeausfälle dürfen die Hochschulen laut Gesetzentwurf – wie die bisherigen Studienbeiträge – ausschließlich für die Lehre und bessere Studienbedingungen nutzen. Sie sollen „kapazitätsneutral“ sein, also keinen Einfluss auf die Zahl der Studienplätze haben. Anders als in anderen Bundesländern fließen diese neuen „Studienqualitätsmittel“ dynamisch, sind also nicht wie etwa in Hessen auf eine bestimmte Zahl von Studenten gedeckelt.
„Diese vollständige Kompensation entspricht genau der Forderung der Landes-Hochschulkonferenz“, sagte deren Vorsitzender Jürgen Hesselbach unserer Zeitung. Im Vorfeld hatten die niedersächsischen Hochschulen noch massiv die geplante Abschaffung der Semesterbeiträge kritisiert. Wegen der Erfahrungen aus den anderen Ländern habe man erhebliche „Bauchschmerzen“ gehabt, meinte der Professor. „Jetzt sind wir sehr zufrieden.“ Der Präsident der TU Braunschweig lobte auch den Vorstoß der Wissenschaftsministerin für einen neuen Zukunftsvertrag. „Diese Sicherung unserer Budgets würden wir sehr begrüßen.“
Für Langzeitstudenten sieht Heinen-Kljajic ebenfalls eine Entlastung vor. Diese müssen den Verspätungszuschlag künftig erst ab sechs statt bisher vier Semestern Überschreitung der Regelstudienzeit berappen. Auch die Staffelung bei 600, 700 und 800 Euro je nach Semesterzahl entfällt; künftig sind durchgängig nur noch 500 Euro pro Semester fällig.
Für Studierende, die Kinder erziehen, Angehörige pflegen oder in Hochschulgremien mitarbeiten, gelten zudem großzügige Ausnahmen. „Damit tragen wir den tatsächlichen Lebensumständen der Studierenden stärker als bislang Rechnung“, meinte die Ministerin.
Von einem „Trödel-Rabatt“ sprach dagegen die FDP-Abgeordnete Almuth von Below-Neufeldt. Damit sinke die Motivation, ins Berufsleben einzusteigen, die Langzeitstudierenden blockierten angesichts steigender Nachfrage einen Teil der Studienplätze. „Ohne Not bringt die Ministerin die Hochschulen in Schwierigkeiten.“