Knapp 50 000 Menschen erkranken jedes Jahr in Niedersachsen neu an Krebs. Das geht aus dem Epidemiologischen Krebsregister des Bundeslandes hervor. Um die Behandlung zu verbessern, sollen künftig nicht nur die Neuerkrankungen zentral erfasst werden, sondern auch die Behandlungsverläufe der Patienten. „Es geht darum, dass jeder Krebspatient die bestmögliche Therapie bekommt“, erklärt die Sprecherin des neuen Klinischen Krebsregisters Niedersachsen (KKN), Eva Töke.
Niedersachsen noch vor Thüringen und Sachsen
Bereits seit 2003 werden die Krebsneuerkrankungen in Niedersachsen registriert. Ärzte sind verpflichtet, dem Epidemiologischen Krebsregister Daten zu Alter, Wohnort und Geschlecht mitzuteilen sowie über die Diagnose und Therapie. Ende November 2016 wies die Datenbank einen Bestand von 3,4 Millionen Tumormeldungen von 1,4 Millionen Patienten auf. Demnach ist Brustkrebs die häufigste Krebsart bei Frauen (31 Prozent der Neuerkrankungen), bei Männern ist es Prostatakrebs (24 Prozent). Ende 2014 waren 245 000 Menschen in Niedersachsen an Krebs erkrankt, 22 000 überlebten die Krankheit nicht.
Das neue Register geht einen Schritt weiter: Es erfasst die Krankheitsverläufe von der Diagnose über die Therapie bis zum Ende der Nachsorge oder dem Tod. „Da sensible Daten erfasst und gespeichert werden, wird dem Datenschutz höchste Priorität eingeräumt“, sagt die Sprecherin im Gesundheitsministerium, Naila Eid. Eva Töke vom Klinischen Krebsregister erklärt, warum die möglichst lückenlose Dokumentation wichtig ist: „Zentrale Voraussetzung für die nicht nur regionale, sondern auch bundesweite Qualitätsbeurteilung ist die sehr gute Datenqualität. Mit nur einem Teil der Fälle sind sinnvolle Auswertungen nicht oder nicht zuverlässig möglich.“
Ärzte sind zur Meldung verpflichtet, Patienten können dem widersprechen, insbesondere der Weiterverwertung ihrer personenbezogenen Daten. Das Ministerium versichert jedoch, dass die Daten bei der Auswertung anonymisiert werden. Grundlage ist das 2013 vom Bund eingeführte Krebsfrüherkennungs- und Registergesetz. Niedersachsen hatte das Umsetzungsgesetz erst im September beschlossen. In Thüringen und Sachsen ist es in der Vorbereitung. Alle anderen Länder haben die Umsetzung bereits beschlossen. Finanziert wird die neue Einrichtung zu 90 Prozent von den gesetzlichen Krankenkassen und zu zehn Prozent vom Land Niedersachsen.
Das Klinische Krebsregister soll im ersten Quartal 2018 zunächst eine Pilotphase durchlaufen und im zweiten Quartal 2018 konkret an den Start gehen. Dabei soll es eng mit dem Epidemiologischen Krebsregister zusammenarbeiten. Auf die Dauer sollen beide Einrichtungen zusammengeführt werden. Das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen hatte etwa die ungewöhnliche Krebshäufung in der Samtgemeinde Bothel im Landkreis Rotenburg nachgewiesen. Die Ursache dafür ist nach wie vor unklar. Ein Zusammenhang mit der Erdgasförderung wird vermutet.
Bremen hat bereits vor zwei Jahren ein Klinisches Krebsregister eingerichtet, an das Ärzte und Kliniken die Daten zum Krankheitsverlauf ihrer Patienten melden müssen. Ein Epidemiologisches Register, in dem die Neuerkrankungen erfasst werden, gibt es seit 1998. „Bis 2014 sind rund 90 000 Tumore zu rund 80 000 Patienten registriert worden“, sagt die Ärztliche Leiterin des Bremer Krebsregisters, Sabine Luttmann. „Im Jahr erkranken in Bremen im Schnitt 2040 Männer und 1890 Frauen neu an Krebs, 1050 Männer und 940 Frauen sterben pro Jahr an den Folgen einer Krebserkrankung.“ Auch in Bremen ist Brustkrebs die häufigste Tumorerkrankung bei Frauen, Prostatakrebs bei Männern.
„Neben der zahlenmäßigen Erfassung interessieren uns vor allem auch die Krankheitsverläufe“, erklärt Sabine Luttmann, „wann die Therapie beginnt, wann sie abgeschlossen ist, wie sie aussieht, ob der Krebs wieder auftritt.“ Das Bremer Krebsregister besteht aus einer Vertrauensstelle und einer Auswertungsstelle. In Erstgenannter werden Daten mit Namen und Adressen verarbeitet, in der Auswertungsstelle werden diese ohne Namensbezug ausgewertet. Das Krebsregister ist am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) angesiedelt.
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