Angesichts eines eingebrochenen Immobilienmarktes hat der Sparkassenverband Niedersachsen (SVN) eine staatliche Wiederbelebung des aus der Mode gekommenen Bausparens gefordert. Für breite Bevölkerungsschichten sei der Erwerb eines Hauses oder einer Eigentumswohnung derzeit nicht möglich, beklagte SVN-Präsident Thomas Mang am Donnerstag in Hannover. Er verwies auf das nach wie vor hohe Preisniveau für Immobilien, steigende Zinsen, deutlich teurere Handwerkerdienste und Rohstoffe. „Einem Teil dieser Probleme könnte durch eine gezielte Förderpolitik des Bundes begegnet werden“, erklärte Mang. Dafür kämen wie in den 70-er- bis 90-er-Jahren Wohnbauprämien und vermögenswirksame Leistungen als staatliche Zuschüsse zu den Bausparverträgen in Betracht. Laut Verband sank die Vergabe von Immobilien-Krediten durch die Sparkassen im vierten Quartal 2022 nahezu auf null.
Der SVN-Chef kritisierte die zum 1. Februar von den Aufsichtsbehörden eingeführten Kapital- und Risikopuffer. Danach müssen Banken und Sparkassen bei Krediten für Wohnimmobilien deutlich mehr Eigenkapital hinterlegen. Dies soll die Gefahr einer Immobilienblase abbremsen, vermindert laut Verband aber allein bei den 39 niedersächsischen Sparkassen das mögliche Kreditvolumen um 20 Milliarden Euro. „Das passiert ausgerechnet in einer Zeit, in der die Politik hunderttausende neuer Wohnungen erschaffen möchte und die energetische Sanierung von Immobilien kräftig gesteigert werden sollte“, schimpfte Mang. Für die Kunden hätten die amtlichen Vorgaben zunächst zwar keine direkten Effekte. Aber die Verknappung des Angebots führe zwangsläufig zu einer Verteuerung der Kredite.
Gesamtkreditvolumen steigerte sich um sechs Prozent
Über alle Segmente hinweg haben die niedersächsischen Sparkassen 2022 neue Darlehen in Höhe von 19,3 Milliarden Euro zugesagt. Das Gesamtkreditvolumen steigerte sich damit um sechs Prozent auf 101 Milliarden Euro. Die Rückkehr der Zinsen machte sich laut Mang positiv in den Geschäftszahlen bemerkbar. Gleichwohl kritisierte der Präsident die Europäische Zentralbank für ihre „schnellen und abrupten Zinswenden“. Diese versuche man im Sinne der Kunden abzufedern. Kehrseite: Bei bestimmten Anlageformen, insbesondere bei den Tagesgeldkonten, geben sich die Sparkassen bei den ausgekehrten Zinsen längst nicht so großzügig wie die Konkurrenz. Insgesamt haben die Kunden in Niedersachsen 103 Milliarden Euro Einlagen bei ihren Sparkassen.
Für die Kreissparkasse Syke und die Sparkasse Grafschaft Diepholz steht in diesem Jahr möglicherweise eine Fusion an. Die Verwaltungsräte der beiden Institute wollen am 15. März über einen Prüfauftrag für eine Zusammenlegung entscheiden. Sollte das Votum dafür in beiden Kontrollgremien positiv ausfallen, könne schon im Juni der weiterführende Anbahnungsbeschluss fallen, erklärte der Landrat des Kreises Diepholz, Cord Bockhop (CDU) im Gespräch mit dem WESER-KURIER. „Beide Sparkassen stehen gut da. Die Gespräche finden nicht aus der Not, sondern aus der Stärke heraus statt.“ Der Landkreis ist Träger der Geldinstitute; Bockhop ist in beiden Verwaltungsräten der Vorsitzende.
Gespräche über mögliche Fusion
Beim Verband in Hannover wird eine mögliche Fusion durchaus positiv gesehen. „Das erscheint bei gleicher Trägerstruktur innerhalb eines Landkreises sinnvoll, zumal es sich hier um zwei kerngesunde Sparkassen handelt“, betonte SVN-Geschäftsführer Guido Mönnecke. Durch eine Zusammenlegung würden die beiden Institute zu einer der größten Sparkassen in Niedersachsen anwachsen. Vorher zu klären wären aber nicht nur die Verteilung der künftigen Geschäftsfelder, sondern auch der gemeinsame neue Name und der Hauptsitz des Instituts. Verhandlungen über eine Fusion laufen ebenfalls zwischen den Sparkassen in Hameln und Bad Pyrmont.
Erneut wies SVN-Präsident Mang Vorwürfe aus den niedersächsischen Ministerien für Inneres und Justiz zurück, die Sparkassen täten zu wenig gegen die Sprengungen von Geldautomaten. „Wir befinden uns in guten Gesprächen mit den Polizeibehörden.“ Zwar könne man nicht alle Automaten „im Hau-Ruck-Verfahren“ sofort nachbessern. Aber zur Prävention baue man längst auf Nachschließungen zwischen 23 und sechs Uhr, auf Vernebelungsanlagen und Färbesysteme. Diese machen bei Explosionen die Geldscheine mit roter Farbe unbrauchbar. „Die Verklebetechnik ist dagegen in Deutschland nicht zertifiziert, kann also nicht angewendet werden“, kommentierte Mang entsprechende Forderungen von Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD).
Die frühere Richterin verweist gerne auf das Beispiel Niederlande, wo unter anderem verklebte Geldscheine das gefährliche Delikt unattraktiv gemacht hätten. Für Mang hinkt der Vergleich auch aus einem anderen Grund: „In den Niederlanden stehen insgesamt nur 800 Geldautomaten, in Deutschland dagegen 55.000.“ In Niedersachsen gab es 2022 laut SVN-Geschäftsführer Mönnecke 68 Sprengungen, in 40 Fällen erbeuteten die Täter Geld – im Durchschnitt rund 88.000 Euro. „Die Kollateralschäden an den Gebäuden waren aber um das Zehnfache höher.“