Jurist soll Prüfungsfragen gegen Geld verraten haben Richter unter Bestechungsverdacht

Ausgerechnet ein Richter soll sich der Korruption schuldig gemacht haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen 48-Jährigen, der über Jahre Prüfungsinhalte an angehende Juristen verraten und dafür kassiert haben soll. Nicht nur der Justizbeamte muss mit einer empfindlichen Strafe rechnen, sondern auch die einstigen Referendare. Ihnen droht die Aberkennung des juristischen Titels.
02.04.2014, 00:00 Uhr
Lesedauer: 2 Min
Zur Merkliste
Richter unter Bestechungsverdacht
Von Silke Looden

Ausgerechnet ein Richter soll sich der Korruption schuldig gemacht haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen 48-Jährigen, der über Jahre Prüfungsinhalte an angehende Juristen verraten und dafür kassiert haben soll. Nicht nur der Justizbeamte muss mit einer empfindlichen Strafe rechnen, sondern auch die einstigen Referendare. Ihnen droht die Aberkennung des juristischen Titels.

Ein Richter des Landesjustiz

prüfungsamtes in Celle soll über Jahre Examensinhalte an angehende Juristen verkauft und dafür im Einzelfall mehrere Tausend Euro erhalten haben. Der 48-Jährige wurde am Montag auf der Flucht in Mailand von italienischen Polizisten verhaftet. Das bestätigte gestern die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruptionsstrafsachen in Verden. Möglicherweise droht nun vielen Juristen, die ihr zweites Staatsexamen in Celle abgelegt haben, die Aberkennung ihres Titels.

Anfang des Jahres waren im Justizministerium in Hannover, dem das Landesjustizprüfungsamt in Celle untersteht, Unregelmäßigkeiten aufgefallen. Das bestätigte gestern Ministeriumssprecher Alexander Wiemerslage. Das Justizministerium habe daraufhin die Staatsanwaltschaft informiert. Das Landeskriminalamt ermittelt. In der vergangenen Woche habe es am Mittwoch Durchsuchungen an insgesamt drei Orten in der Sache gegeben, sagte der Sprecher der Anklagebehörde in Verden, Lutz Gaebel. Unter anderem hätten die Beamten des Landeskriminalamtes Beweismaterial im Büro des Justizbeamten im Landesjustizprüfungsamt in Celle gesichert.

Durch das beschlagnahmte Material habe sich der Tatverdacht gegen den Juristen erhärtet, erklärte Gaebel. Der Beschuldigte aber hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits ins Ausland abgesetzt und wurde deshalb mit einem europäischen Haftbefehl gesucht. Zielfahnder machten den Mann schließlich in Mailand ausfindig. Dort wurde der Jurist am Montag von der italienischen Polizei festgenommen. „Die Auslieferung wird beantragt“, sagte Gaebel. Wann der der Bestechung beschuldigte Richter wieder in Deutschland sein werde, sei noch unklar. Das hänge unter anderem davon ab, ob er freiwillig aus Italien abreise.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 48-Jährigen vor, über Jahre systematisch Referendare im Vorfeld des zweiten Staatsexamens über Prüfungsinhalte informiert zu haben. Im Einzelfall soll er für die Übermittlungen der Prüfungsfragen mehrere Tausend Euro von den Prüflingen erhalten haben. Das Ausmaß der Korruption ist bislang nicht bekannt. Die zuständige Staatsanwaltschaft verweist auf die laufenden Ermittlungen.

„Um wie viele Referendare es sich handelt, wissen wir noch nicht“, sagte Lutz Gaebel. „Wir stehen erst am Anfang der Ermittlungen.“ Gegen die einstigen Referendare werde ebenfalls ermittelt. Bewahrheitet sich der Verdacht, so müssen die Beschuldigten mit der Aberkennung ihres juristischen Titels rechnen.

Disziplinarverfahren eingeleitet

Neben der Strafverfolgung gibt es erste disziplinarische Maßnahmen. „Der Staatssekretär hat dem Juristen bereits am Freitag Hausverbot erteilt“, bestätigte Ministeriumssprecher Wiemerslage auf Nachfrage. Seine Bezüge würden um die Hälfte gekürzt. Darüber hinaus sei umgehend ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, so Wiemerslage. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, werde der Richter des Amtes enthoben. „Einen Richter kann man nicht so einfach vom Dienst suspendieren“, betonte der Sprecher.

Am Landesjustizprüfungsamt in Celle legen angehende Juristen nach erfolgreichem Jurastudium an der Universität ihr zweites Staatsexamen ab. Nach bestandener Prüfung können sie dann beispielsweise als Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt arbeiten. Das Landesjustizprüfungsamt wurde 2007 nach Celle verlegt.

Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+! Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Einwilligung und Werberichtlinie

Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die von mir angegebenen Daten dazu genutzt werden, regelmäßig per E-Mail redaktionelle Inhalte des WESER-KURIER seitens der Chefredaktion zu erhalten. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Ich kann diese Einwilligung jederzeit formlos mit Wirkung für die Zukunft widerrufen, z.B. per E-Mail an widerruf@weser-kurier.de.
Weitere Informationen nach Art. 13 finden Sie unter https://www.weser-kurier.de/datenschutz

Schließen

Das Beste mit WK+