Der Bundesrat berät über einen Gesetzentwurf, ein Schlachtverbot für trächtige Tiere auszusprechen. Niedersachsen sieht zudem Nachbesserungsbedarf für Schafe und Ziegen.
Vor zwei Jahren schreckten Bilder von toten Föten aus den Schlachthäusern der Republik die Gesellschaft auf. Achtlos landen die viel zu kleinen, aber bereits lebensfähigen Kälber und Ferkel noch immer auf dem Müll.
Nun hat der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition ein Schlachtverbot für Nutztiere im letzten Drittel der Trächtigkeit beschlossen. Am Freitag berät der Bundesrat über das neue Gesetz. Niedersachsen sieht Nachbesserungsbedarf, denn vorerst sind Schafe und Ziegen von der Neuregelung ausgenommen.
„Wir wollen ein Schlachtverbot ohne Wenn und Aber“, sagt der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne). Der Vorsitzende der Agrarministerkonferenz der Länder fordert ein Schlachtverbot für alle Nutztiere im letzten Drittel der Trächtigkeit.
„Es reicht nicht, nur das Schlachten von trächtigen Rindern zu verbieten.“ Meyer betont, dass die Selbstverpflichtung der Schlachtindustrie in Niedersachsen in dieser Hinsicht sogar weitergehe als der Gesetzentwurf der Bundesregierung. Die Grünen hatten im Bundestag gegen den Kompromiss der Großen Koalition gestimmt.
Nach Schätzungen der Bundestierärztekammer werden jedes Jahr etwa 180 000 trächtige Rinder auf deutschen Schlacht-höfen getötet. Während das Rind mit einem Bolzenschuss betäubt wird, bevor es durch Entbluten stirbt, erstickt das Kalb qualvoll im Mutterleib. Bis zu 20 Minuten kann der Todeskampf nach Angaben von Veterinären dauern.
Resolution der Tierärztekammer
Deshalb hatte die Bundestierärztekammer bereits im vergangenen Jahr eine Resolution verabschiedet, um das Leiden des ungeborenen Lebens zu beenden. „Anders als bei der Euthanasie durch ein hoch dosiertes Narkosemittel, das dann über den mütterlichen Kreislauf auch das Ungeborene erreicht und schmerzlos einschläfert, ist bei der Schlachtung eine tierschutzgerechte Tötung des Fötus nicht möglich“, betont Uwe Tiedemann, der Präsident der Bundestierärztekammer.
Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert vor allem, dass trächtige Tiere teils aus rein wirtschaftlichen Gründen getötet werden, wenn sie die gewünschte Leistung nicht mehr erbringen. „Die Trächtigkeit wird dabei bewusst in Kauf genommen“, so der Tierschutzbund in einer Pressemitteilung und spricht von einer „Qual für Kuh und Kalb“.
Der Tierschutzbund begrüßt deshalb das Schlachtverbot für trächtige Tiere, sieht aber Nachbesserungsbedarf. „Der Gesetzentwurf ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aus Tierschutzsicht ist jedoch nicht zu vertreten, warum Schafe und Ziegen von diesem Verbot ausgenommen sein sollen“, sagt der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder.
Die Tierschutzbeauftragte der SPD-Fraktion im Bundestag, Christine Jantz-Herrmann aus Schwanewede (Landkreis Osterholz), zeigt sich hingegen zufrieden mit dem „hart erkämpften Kompromiss“. Endlich werde das Schlachten trächtiger Nutztiere beendet, betont die Abgeordnete für den Wahlkreis Verden/Osterholz.
Säugetiere, die als Nutztiere gehalten werden, dürften im letzten Drittel der Trächtigkeit nicht mehr zum Schlachthof transportiert werden. Das gelte nicht nur für Rinder, sondern auch für Schweine, aber eben nicht für Ziegen und Schafe. Jantz-Herrmann hofft, dass letztere später ebenfalls in das Gesetz aufgenommen werden.
"Es bleibt Tierleid"
Das Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin kündigte unterdessen Untersuchungen an, um doch noch eine praktikable Lösung für Schafe und Ziegen zu finden. Anders als Rinder und Schweine werden Schafe und Ziegen nicht künstlich besamt, sodass die Trächtigkeit schwieriger festzustellen ist. Ein Ultraschall ist bei einer extensiven Haltung, bei der die Zuchtböcke über Monate in der Herde mitlaufen, nicht üblich.
Eine Untersuchung jedes einzelnen Tieres wäre zu aufwendig und zu teuer, argumentieren die Halter. „Auch wenn die Trächtigkeit schwieriger festzustellen ist, bleibt es Tierleid“, betont Klaus Jongebloed, der Sprecher im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. Niedersachsen hofft also auf den Bundesrat. Dort haben die Grünen über die Landesregierungen durchaus Gewicht.
Beobachter gehen jedoch davon aus, dass das Gesetz im Bundesrat durchgewunken wird und nicht im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat landet. Darüber hinaus hat Niedersachsen einen Entschließungsantrag gestellt, der die Aufnahme von Ziegen und Schafen in das Gesetz vorsieht. Dabei handelt es sich um eine Empfehlung an die Bundesregierung, die der Bundesrat sehr wahrscheinlich unterstützen wird.