Mit dem Machtwechsel in den Vereinigten Staaten kam das große Aufatmen. Endlich war er weg, der Präsident, der die USA an den Rand eines Bürgerkriegs geführt hatte. Und dessen Name für den Abbau und Abbruch internationaler Zusammenarbeit stand.
Doch das kollektive Aufatmen über das Ende der Präsidentschaft Donald Trumps und seiner erbarmungslosen „America-first“-Politik ist schnell großer Ernüchterung gewichen. Joe Biden startete zwar mit vielen warmen Worten in seine Amtszeit, gerichtet an die alten Freunde auf der anderen Seite des Atlantiks, doch inzwischen wirkt sein Kurs wie eine Fortsetzung der Trump-Doktrin. Zuerst die Interessen Amerikas, dann – vielleicht – die Abstimmung mit den Partnerländern.
Unerwartet kommt das nicht. Die Abkehr Washingtons vom gerade aus deutscher Sicht für heilig erklärten transatlantischen Kurs hat sich bereits vor Trumps Präsidentschaft deutlich gezeigt. Schon Barack Obama – Joe Biden war sein Vize – ließ die Europäer unmissverständlich wissen, dass die USA nicht länger bereit seien, die Sicherheitslasten für die Alliierten zu übernehmen. Europa solle gefälligst selbst Verantwortung tragen.
So hält es jetzt auch Biden: Signale der Stärke nach außen, vor allem aber Signale der Stärke nach innen. Der neue Präsident steht unter enormem Druck. Und er tut gerade alles, was in seiner Macht steht, das gespaltene Land wieder zusammenzuführen. Deshalb kann Biden nicht abrücken vom Kurs des „America first“. So erklären sich seine enormen Anstrengungen in der Corona-Bekämpfung. Mit Millionen Impfungen kann er Vertrauen wecken. Sein striktes Nein zu Impfstoff-Exporten liegt hier begründet.
Bidens Schwerpunkte betreffen die Innenpolitik. „In 50 Jahren wird man sagen: Dies war der Moment, als Amerika seine Zukunft gewann.“ Mit diesem Satz hat er gerade seinen 2,2 Billionen Dollar schweren Infrastrukturplan präsentiert. Einem maroden Land, auch in gesellschaftlicher Hinsicht, will er wieder eine Perspektive geben. Er muss es schaffen, will er nicht jene bestärken, die ihn für die falsche Wahl halten.