Als Greta Thunberg segelnd New York erreicht, ist die Symbolwirkung gewaltig. Mehr als um schöne Bilder geht es ihr um tatsächliche Maßnahmen für den Klimaschutz. Wenn sich alle mit so viel Verve daran machen würden, unser Klima zu retten, wie manche mit detektivischem Eifer versuchen, der Klimaaktivistin irgendwelche Fehltritte nachzuweisen, stünde es besser um unsere Welt.
Als Politikerin, als Psychotherapeutin, als Mutter, treibt mich die Frage um, wie es gelingen kann, diese Kräfte zu gewinnen für Klimaschutz, für Artenschutz, dafür, dass alle Kinder und Kindeskinder in Zukunft im Einklang mit unseren Ressourcen, mit allem, was das Leben schön und manchmal schwer macht, leben können.
Psychologisch verstehe ich, dass die Bedrohung des Klimawandels so erschreckend ist – der brennende Amazonas ist allgegenwärtig –, dass unbewusst die Angst in Wut verwandelt wird. Diese wird projiziert und im Anderen bekämpft. Wer sich ernsthaft um einen klimaschonenden Lebensstil bemüht, stößt dabei naturgemäß an Grenzen, weil die Rahmenbedingungen, unter denen wir alle leben, ein ressourcenschonendes Leben eben ziemlich schwierig machen.
Klimafreundliches Verhalten muss belohnt werden
Wir brauchen daher folgenden Dreiklang: Erstens: wir brauchen eine Politik, die Klimaschutz ernst meint und die notwendigen Rahmenbedingungen schafft. Das geht nur mit einem beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung, der Abschaffung der industriellen Tierhaltung, einer Agrar- und Verkehrswende. Klimaschädliche Subventionen gehören abgeschafft, CO2 braucht einen Preis, klimafreundliches Verhalten muss belohnt werden.
Zweitens: persönliche Beiträge zum ressourcenschonenden Leben sollten gewürdigt werden. Wenn Menschen wenig oder keine Tierprodukte essen, wenn Menschen plastikarm einkaufen oder nicht fliegen, Fahrrad fahren und Ökostrom beziehen, ist das ein Beitrag zum Klimaschutz.
Drittens: es ist wichtig, ernsthaft miteinander zu reden, gemeinsam nach Ideen für den Klimaschutz in unseren Städten und auf dem Land zu suchen und uns dafür zu engagieren, diese auch umzusetzen.
Die Transformation für einen umfassenden Klimaschutz kann nicht individuell erreicht werden, sondern nur mit strukturellen politischen Veränderungen. Doch jeder Beitrag ist wertvoll. Die Frage, ob wir uns Klimaschutz leisten können, ist falsch gestellt. Wir können es uns nicht leisten, auf Klimaschutz zu verzichten. Ich finde es fabelhaft, dass die junge, kluge, mutige Greta Thunberg so viel bewegt.
Unsere Gastautorin ist seit 2017 Bremer Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ist gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.