Sein ganzes Gewicht hatte US-Präsident Barack Obama in diese Frage geworfen, und nichts hat es geholfen. Überraschend scharf und unzweideutig hatte er sich in London neben einem rosige Zuversicht ausstrahlenden David Cameron gegen den Brexit gestellt.
Ein Vierteljahr später kann Obama den scheidenden Briten nur ein bedauerndes „trotzdem“ hinterherwinken: Die „special relationship“ beider Länder bleibe gewiss bestehen. Trotz Brexits.
Das mag sein, aber vielleicht wird sie viel spezieller als von ihm gemeint. Der Ausgang des Referendums der ehemaligen Kolonialherren ist für die Weltmacht vor ihrer Wahl im November ein Menetekel. Mit sicherem Gespür für den Augenblick ließ sich Donald Trump nach der Abstimmung aus Schottland vernehmen. Vollkommen ruhig, höflich und selbstgewiss, die weiße „Make America Great Again“-Mütze tief in der Stirn: So mache man das, großartig, diese Briten, hätten sich ihr Land zurückgenommen, und im Spätherbst werde er dieses Werk in den USA vollenden.
Die Parallelen sind augenfällig. Die Bevölkerung in weiten Teilen ist tief verunsichert von der Hyperglobalisierung. Weiße Wähler mittleren Alters fühlen sich abgehängt und alleine. Löhne stagnieren, das Thema Einwanderung höchst kontrovers. Nackter Populismus, das Spiel mit rassistischen Ressentiments, Fakten werden gerne ignoriert, die Eliten sind entkoppelt von der breiten Bevölkerung. Gekrönt wird das von dem vielleicht Linderung versprechenden Gefühl, aus irgendwas austreten zu müssen. Was den Briten der Brexit, könnte den USA Trumps Isolationismus werden.
Die Amerikaner interessiert nur bedingt, was außerhalb ihrer Grenzen passiert. Dabei trifft der EU-Austritt Großbritanniens die USA hart. Nicht nur für die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP ist dieses Ergebnis Senkblei. Zudem wird auch die gewohnt enge Zusammenarbeit der Geheimdienste überprüft werden. Die beiden Länder sind sich kulturell nah, militärisch enge Verbündete, wirtschaftlich geschätzte Partner, über die Finanzmärkte bis in die Altersvorsorge hinein finanziell verwoben.
Der „New Yorker“ schrieb zum Votum gallig: „Die Briten haben nun jedes Recht verloren zu behaupten, dass die Amerikaner dümmer sind als sie.“ Man könne nur hoffen, dass sich das im November wieder ändere.
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