Angela Merkel bleibt eine begnadete Taktikerin. Der Schachzug, mit Jens Spahn einen ihrer schärfsten innerparteilichen Kritiker ins Kabinett zu holen, ist clever. Die Bundeskanzlerin gewinnt auf der einen Seite einen ausgewiesenen Fachmann für das Ressort. Nach sechs Jahren als gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion sind dem 37-jährigen Münsterländer die Herausforderungen bekannt. Auf der anderen Seite nimmt Merkel mit der Verjüngung des Kabinetts nicht nur Spahn, sondern den gesamten Unions-Nachwuchs in die Pflicht. Der wird es sich nicht leisten können, weiter durch Einwürfe von der Seitenlinie Ärger zu schüren.
Jens Spahn wird jetzt liefern müssen. Es wird spannend zu beobachten sein, wie der Neo-Konservative die Kranken- und Pflegeversicherung trotz des demografischen Wandels zukunftsfest machen und die Zwei-Klassen-Medizin stoppen will, ohne eine von der SPD geforderte Bürgerversicherung einzuführen. Das wird nicht leicht. Der Job des Gesundheitsministers dürfte auch in der neuen Koalition einer der unangenehmsten sein, den es im Kabinett gibt. Nur wenn Spahn dort Erfolge vorweisen kann, wird er höhere Ansprüche stellen dürfen.