Ex-Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat 2013 aus dem Wasserstraßen-Budget nicht ausgegebene 192 Millionen Euro hinterlassen – nahezu ein Drittel der Gesamtsumme. Warum schaffte es der Minister trotz offener Baustellen nicht, sein Geld plangemäß auszugeben? Experten sehen eine Erklärung in der umstrittenen und stecken gebliebenen Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.
Der Ausbau der Mittelweser für den Verkehr von 135 Meter langen Großmotorgüterschiffen inklusive zwei neuen Großschleusen in Dörverden und Minden war weit vorangeschritten. Doch vor drei Jahren geriet er ins Stocken. In einer Neuklassifizierung der Wasserstraßen stufte das Bundesverkehrsministerium die Weser herunter. Das Restausbauprogramm (rund 50 Millionen Euro) kam zum Stehen, nachdem etwa 200 Millionen Euro verbaut worden waren.
Nicht wenige vermuten, hier werde aus Geldmangel auf Zeit gespielt. Das wird vom Ministerium entschieden zurückgewiesen. Offenbar nicht zu Unrecht, denn es zeigt sich, dass Minister Ramsauer über mehr Geld verfügte, als ihm lieb sein konnte.
Die Haushaltsreste aus dem Budget für Wasserstraßenaus- und umbau sind beträchtlich: 192 Millionen, so bestätigte das Ministerium gegenüber unserer Zeitung, blieben von 600 Millionen Euro im vergangenen Jahr übrig – ein glattes Drittel, von dem der Endausbau der Weser viermal hätte bezahlt werden können. Im Jahr 2012 belief sich der Haushaltsrest des Wasserstraßenetats in Höhe von 595 Millionen nach Auskunft des Ministeriums auf 145 Millionen Euro.
Das Ministerium liefert auch gleich eine Erklärung dafür, warum es zumindest im vergangenen Jahr nicht gelungen ist, das Geld plangemäß auszugeben: „Die Gründe lagen in der Verzögerung von Maßnahmen, zum Beispiel durch das Maihochwasser, nicht rechtzeitig herstellbares Baurecht oder Vergabenachprüfverfahren von unterlegenen Bietern“, hieß es aus Berlin.
Der Wirtschaftsverband Weser in Bremen ist solchen Erklärungen gegenüber höchst skeptisch. Während man hier gerade noch akzeptiert, dass Hochwasser zu Bauverzögerungen führen können, wird in den anderen Punkten abgewunken. Rechtliche Abwicklungshemmnisse oder Prüfverfahren seien kalkulierbar, sagt Weserbund-Geschäftsführer Ralf Heinrich. Dass sie zwei Jahre hintereinander derartige Summen lahmlegen können, hält er für unrealistisch.
Schon eher erklärt sich für Heinrich der teilweise Stillstand bei der Projektabwicklung dadurch, „dass der Verkehrsminister gegen alle Mahnungen aus Politik und Wirtschaft mit der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung seinen eigenen Verwaltungs- und Steuerungsapparat praktisch aufgelöst hat“. Die regional zuständigen ehemaligen Direktionen arbeiteten zwar noch, hätten aber nichts mehr zu entscheiden, während die entscheidungsbefugte Generaldirektion im fernen Bonn nicht mal über ein Büro verfüge, geschweige denn in Sachen Seeschifffahrtsstraßen und Seehäfen über die erforderliche Sachkompetenz. Die Hoffnungen der maritimen transportabhängigen Wirtschaft liegen nun auf dem neuen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und darauf, dass er das Reformmodell seines Amtsvorgängers noch einmal überdenkt.
An Verbündeten mangelt es den Interessenvertretern dabei nicht. Die Länder sind nicht begeistert, durch diese Reform entscheidungskompetente Behörden zu verlieren, auf die sie sich bisher bei ihrer regionalen Verkehrspolitik gestützt haben. Sogar Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte seinerzeit seinen Parteifreund Ramsauer brieflich kritisiert, seine Reform führe dazu, dass „eine regionale und integrierte Aufgabenerledigung übermäßig erschwert und in vielen Fällen sogar unmöglich gemacht“ werde.
Nicht zuletzt setzen die Gegner des Ramsauerschen Umbaus der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung auf den Bremer Uwe Beckmeyer (SPD), der als maritimer Koordinator und Staatssekretär im Wirtschaftsministerium ein gewichtiges Wort bei der Neuordnung mitzusprechen haben dürfte. Er verfolgt nach eigener Aussage sehr genau, was in dieser Frage im Hause Dobrindt vor sich geht und verweist auf die Frage, in welche Richtung die Reise gehen müsse – auf den Koalitionsvertrag: „Dort steht eindeutig, dass bei der Weiterverfolgung des Reformprozesses die regionalen Kompetenzen gesichert werden müssen“, sagt Beckmeyer. Kommentar Seite 2