Auch der laute Protest von Entwicklungsminister Gerd Müller hat nichts genützt. Der neue Finanzplan der Bundesregierung macht deutlich: Nach Jahren des rasanten Mittelaufwuchses gibt es in Zukunft weniger Geld für die Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Müllers Niederlage am Kabinettstisch ist ein deutliches Indiz dafür, dass sich die anfänglich äußerst erfolgreiche Strategie, die EZ als wirksame „Fluchtursachen-Bekämpfung“ zu verkaufen, mittlerweile weitgehend erschöpft hat.
Das ist prinzipiell zu begrüßen. Müllers vielfach vorgetragene Argumentation „Lösen wir die Probleme nicht vor Ort, dann kommen sie zu uns“ war ethisch mehr als fragwürdig, schließlich handelt sich bei den „Problemen“ – man muss daran erinnern – um Menschen. Gleichzeitig ist der versprochene Wirkungszusammenhang inhaltlich falsch: die Gleichung „mehr EZ = weniger Flüchtlinge“ geht schlicht nicht auf.
Doch auch wenn das Scheitern dieser speziellen Argumentationsfigur positiv zu bewerten ist, so muss das Auf und Ab in der EZ-Budgetplanung, das mit den geplanten Kürzungen einhergeht, insgesamt kritisch gesehen werden. Das Befolgen innenpolitischer „Trends“ führt dazu, dass in manchen Phasen eine Vielzahl von „Entwicklungsprojekten“ aktionistisch aus dem Boden gestampft werden, denen kurze Zeit später dann plötzlich die Folgefinanzierung fehlt. Eine langfristige und nachhaltige Planung mit den Partnern vor Ort, die über kurzfristige und möglichst „sichtbare“ Ziele hinausgeht, wird so unmöglich.
Bundesregierung macht sich einmal mehr international unglaubwürdig
Darüber hinaus entfernt sich Deutschland – trotz anderslautender Vereinbarungen im Koalitionsvertrag – durch die geplanten Einsparungen noch weiter als bisher vom festgelegten Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden. Damit macht sich die Bundesregierung einmal mehr international unglaubwürdig. Gerade in Zeiten, in denen der Multilateralismus augenscheinlich in der Krise ist, kann es sich Deutschland nicht leisten, gemachte Zusagen gegenüber internationalen Partnern nicht einzuhalten.
Natürlich könnte man hier einwenden, dass die Budgetkürzungen lediglich eine notwendige Reaktion auf erwartete Steuereinbußen darstellen. Allerdings wird keineswegs überall gleich gespart – die Haushaltsplanungen sind und bleiben ein Spiegelbild der politischen Prioritäten. Und hier scheint in Berlin die Angst vor dem Scheitern an der „schwarzen Null“ momentan größer zu sein als die Sorge vor einer nachhaltigen Schwächung der internationalen Glaubwürdigkeit Deutschlands.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Die lange Version lesen Sie hier.
Unser Gastautor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt am Main. Der 26-Jährige ist Politologe.