Kurzzeitig sah es nach einem Eklat ausgerechnet auf der Hauptkundgebung des Sudetendeutschen Tages in Augsburg aus. Als Volksgruppen-Sprecher und Bundesvorsitzender Bernd Posselt vom bayerischen Landesobmann Steffen Hörtler wegen des von ihm angestoßenen „Reformprozesses“ lobend hervorgehoben wurde, gab es in der Schwabenhalle vereinzelte Pfiffe und Buhrufe.
Die waren allerdings während und nach der Rede Posselts nicht mehr zu hören. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) lobte die Ausführungen als „historische Rede“, womit er sich demonstrativ hinter Posselts Politik des Ausgleichs stellte. Beendet ist damit die innerverbandliche Auseinandersetzung nicht: Am Rande des Sudetendeutschen Tages wurden Flugblätter eines „Bündnisses zur Wahrung sudetendeutscher Interessen“ verteilt, in denen der Rücktritt der Spitze der Landsmannschaft wegen der „neuerlichen Entrechtung der Sudetendeutschen“ verlangt wurde.
Im Februar hatte die Bundesversammlung der Landsmannschaft im Zuge einer Satzungsänderung die Forderung nach „Wiedererlangung der Heimat“ oder „gleichwertiger Entschädigung“ gestrichen. 71 Prozent der Delegierten hatten dafür gestimmt, alle oder wenigstens 75 Prozent hätten es sein müssen, meinen diejenigen, die damit nicht einverstanden sind.
Eine „Wiedererlangung“ der Heimat und eine Rücksiedlung der Millionen nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Angehörigen der deutschen Minderheit in der Tschechoslowakei halte doch „kein vernünftiger Mensch mehr für möglich oder wünschenswert“, verteidigte Posselt die Reform.
Eindringlich führte er seinen Landsleuten die erreichten Fortschritte im Verhältnis zwischen Tschechen und Sudetendeutschen vor Augen. So gedenke die Stadt Brünn schon am nächsten Wochenende des „Todesmarsches“, bei dem vor 70 Jahren Tausende von vertriebenen Sudetendeutschen den Tod fanden.
An vielen anderen Orten finde eine „Wiederbelebung“ der deutsch-tschechischen Wurzeln statt, was nicht mit der „Wiedergewinnung der Heimat“ zu verwechseln sei, so der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe. Er sagte: „Wir müssen die Tassen im Schrank behalten“.
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