Tag des Friedhofs „Trauerarbeit ist enorm wichtig“

Auf See, im Wald oder auf dem Friedhof – spätestens wenn man mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontiert wird, stellt sich die Frage nach der passenden Beisetzung. Hat der Verstorbene bereits vor seinem Ableben eine Entscheidung dazu getroffen, müssen sich die Hinterbliebenen lediglich um die Ausführung kümmern.
09.09.2018, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Ivonne Wüsthof

Auf See, im Wald oder auf dem Friedhof – spätestens wenn man mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontiert wird, stellt sich die Frage nach der passenden Beisetzung. Hat der Verstorbene bereits vor seinem Ableben eine Entscheidung dazu getroffen, müssen sich die Hinterbliebenen lediglich um die Ausführung kümmern. Konnte er seinen Wunsch nicht mehr selbst äußern, liegt die Entscheidung bei den Angehörigen.

Bis vor wenigen Jahrzehnten gehörte die Erdbestattung zur häufigsten Beisetzungsform. Ein Pfarrer sprach beruhigende Worte, um den Hinterbliebenen Halt und Trost zu spenden. Ein Grabstein sowie -schmuck sollten an die verstorbene Person erinnern. Doch ebenso wie sich die Gesellschaft wandelt, verändert sich auch die Bestattungskultur im Lauf der Zeit.

Dabei hat es den Anschein, dass die Beerdigung auf einem Friedhof nur noch ein Randthema ist. Neue Bestattungsarten in Waldarealen, das Verstreuen von Asche auf eigens dafür angelegten Aschestreuwiesen sowie viele weitere, teils auch extravagante Möglichkeiten rücken verstärkt in den Blickpunkt. Grund ist zum einen der Wunsch nach Individualität selbst über den Tod hinaus, zum anderen ein entspannterer Umgang in der Familie mit dem Thema Tod als in den Generationen zuvor.

Tatsächlich lassen sich in der Bestattungskultur alte und neue Wege gehen. Seit einigen Jahren geht der Trend in Deutschland immer mehr zur Feuerbestattung. In der Hansestadt sind es mittlerweile fast 85 Prozent der Toten, die eingeäschert werden, erläutert Christian Stubbe vom Bestatterverband Bremen: „Zum einen hat das ökonomische Gründe. Einäscherungen sind preiswerter als Erdbestattungen.“ Zudem mangele es den Friedhöfen an Platz, um Verstorbene unter der Erde zu bestatten. Die Totenasche hingegen lässt sich auf mehreren Wegen beisetzen: in der Urne auf dem Friedhof, in sogenannten Urnenräumen, im Wald oder auf Aschestreuwiesen. Auch eine Seebestattung in Nord- oder Ostsee ist möglich. „In der Weser kann man sich allerdings nicht beisetzen lassen“, sagt Stubbe. Flussbestattungen sind in der Bundesrepublik aus kulturellen und hygienischen Gründen nicht möglich.

Orte für die Trauer

Der Friedhof verliert als Gedenkort mehr und mehr an Bedeutung. So hat das Land Bremen im Jahr 2015 eine Änderung seines Bestattungsgesetzes vorgenommen. Seitdem ist es erlaubt, die Asche verstorbener Bremer auch außerhalb der Friedhofsmauern beizusetzen, etwa im eigenen Garten. Diese Regelung ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen gebunden: Es muss eine schriftliche Verfügung über die Bestattung auf Privatgrund vorliegen, in welcher der exakte Ort sowie der Name der beizusetzenden Person festgelegt sind. Darüber hinaus muss der Verstorbene bis zum Zeitpunkt seines Todes in der Hansestadt gelebt haben. Auch wenn Bremen mit dem neuen Bestattungsgesetz eine Vorreiterrolle in der deutschen Bestattungskultur bekleidet, sieht Stubbe diese Entwicklung nicht ohne Sorge: „Es kann auch zu einer Belastung werden, wenn man seinen Partner beispielsweise im heimischen Garten beisetzt. Man kommt nie ganz aus der Trauerphase heraus.“ Die Akzeptanz des Todes und das Loslassen fallen den Hinterbliebenen schwerer. „Außerdem tut es gut, wenn man einen Ort zum Trauern hat“, erläutert der Fachmann. Der Friedhof etwa biete diesen Raum. Man könne jederzeit dorthin gehen und das Zwiegespräch mit dem Verstorbenen suchen. Das habe einen positiven Einfluss auf die Trauerbewältigung, sagt Stubbe.

Möglichst pflegeleicht

Ein weiteres großes Thema derzeit sind pflegefreie Grabanlagen. Die Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich individuellere und pflegeleichtere Gräber. Dass die einzelnen Familienmitglieder nicht mehr wie früher gemeinsam in einem Haus, sondern meist über die Landes- oder Bundesgrenzen hinaus verstreut leben, erschwert die Instandhaltung des traditionellen Familiengrabs. Oftmals steckt auch die Angst älterer Menschen dahinter, ihren Angehörigen mit der Grabpflege zur Last zu fallen.

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft wird auch der Tod virtuell und das Internet etabliert sich als Raum für die Trauer. Mittels QR-Codes auf Grabsteinen ist es zum Beispiel möglich, die Lebensgeschichte Verstorbener nachzuvollziehen, gleichzeitig bietet das Grab einen physischen Ort zum Gedenken. „Hier gehen neue Trends und gewachsene Formen der Trauer am Grab eine gute Verbindung ein“, sagt Oliver Wirthmann vom Kuratorium Deutsche Bestattungskultur.

Ganz gleich, auf welche Bestattungsform die Wahl fällt, wichtig ist nach Aussage von Stubbe vor allem, dass man seine Trauer zulässt. Dabei helfen etwa klassische Trauerfeiern nach der Bestattung, im großen oder kleinen Kreis. Immer mehr Angehörige vermeiden diese gemeinsame Form des Abschiednehmens jedoch. „Diese fehlende Trauerarbeit ist der schlimmste Trend“, sagt der Experte.

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