Was haben das Klimapaket und die Rente mit 63 gemeinsam? Sie sind Ausdruck eines Strukturproblems, das der deutschen Demokratie innewohnt: Politik ist auf Kurzfristigkeit ausgelegt, Wahlzyklen zwingen Politikerinnen und Politiker, politische Erfolge möglichst innerhalb einer Legislaturperiode zu erzielen. Also werden vermehrt Entscheidungen getroffen, die einen kurzfristigen Nutzen versprechen, ohne die Langzeitfolgen angemessen zu berücksichtigen. Schleichenden und zukünftigen Problemen wie dem demografischen Wandel fehlt dadurch die öffentliche und politische Aufmerksamkeit. Zumindest der Klimawandel ist nun vor allem dank der Schülerbewegung „Fridays for Future“ auf der öffentlichen Agenda ein paar Stufen nach oben geklettert. Inwieweit sich daraus politische Maßnahmen ergeben, die real zur Lösung der Klimakrise beitragen, bleibt jedoch auch nach Veröffentlichung des Klimapakets weiterhin abzuwarten.
Politik für Ältere
Wer gewählt oder wiedergewählt werden möchte, orientiert seine Politik an den Interessen der aktuellen Wahlbevölkerung. Das ist natürlich legitim. Problematisch wird es aber dann, wenn die Wählerschaft immer älter wird und sich Stimmgewichte verlagern. Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung ist der Durchschnittswähler in Deutschland mittlerweile 53,3 Jahre alt – so alt wie noch nie zuvor, Tendenz steigend. Und das hat Folgen: Politik wird vermehrt für den älteren Teil der Bevölkerung gemacht, während junge und zukünftige Generationen das Nachsehen haben.
Während die junge Generation sich wenigstens äußern kann, haben zukünftige Generationen heute noch keine Stimme. Wie unsere Nachgeborenen leben werden, hängt entscheidend von heute getroffenen Entscheidungen ab – wie viel Handlungsspielraum werden sie angesichts vererbter Altlasten noch haben, wie lebenswert wird ihre Umwelt sein, wie demokratisch ihr politisches System?
Es bedarf eines Korrektivs, um das Ungleichgewicht zwischen Jung und Alt sowie heutigen und zukünftigen Generationen zu beseitigen. Die Interessen junger Menschen könnten etwa über eine Herabsetzung des Wahlalters und Nachwuchsquoten für Parteien und Parlamente Eingang in die Politik finden. Um die Interessen zukünftiger Generationen zu berücksichtigen, sollte die Nachhaltigkeitsprüfung bei Gesetzesvorschlägen gestärkt und der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen“ zu einem Zukunftsrat mit erweiterten Kompetenzen weiterentwickelt werden. So ließe sich Zukunftsverantwortung institutionalisieren.
Unser Gastautor
ist Politikwissenschaftlerin, Vorstandsvorsitzende und Sprecherin der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen sowie Gründungsmitglied des Vereins Klimadelegation e.V..
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