Weltweit leben zahlreiche Menschen in Gebieten mit Hügeln oder Bergen, in denen es passieren kann, dass Erd- und Gesteinsmassen abrutschen. Dies kann nicht nur bei Erdbeben geschehen, sondern zum Beispiel auch, wenn starker Regen den Boden aufweicht. Immer wieder kommt es vor, dass bei solchen Ereignissen Menschen zu Schaden kommen. Deshalb testen Wissenschaftler Frühwarnsysteme. Als nützlich haben sich dabei GPS-Empfänger erwiesen.
Dass Material abrutscht, ist grundsätzlich ein natürliches Phänomen, das wesentlich zur Formung von Landschaften beigetragen hat. Dies zeigt unter anderem das Beispiel der Schwäbischen Alb. Besonders spektakulär war der sogenannte Mössinger Erdrutsch am Rand dieses Mittelgebirges im Jahr 1983. Nach starken Niederschlägen gerieten nach Expertenangaben sechs Millionen Kubikmeter Material in Bewegung. Für Menschen entstehen Probleme besonders dann, wenn Siedlungen in Hanglage errichtet wurden. Wenn zudem in dem Gebiet in großem Stil Bäume gefällt wurden, fehlt es an natürlichen Hindernissen, die abrutschendes Material aufhalten könnten.
Im Zusammenhang mit abrutschenden Erd- und Gesteinsmassen sprechen Fachleute von Hangrutschungen oder auch von „gravitativen Massenbewegungen“. Bei solchen Ereignissen können nur einige Quadratmeter oder in Extremfällen sogar Quadratkilometer betroffen sein. Österreich gehört zu den Ländern, in denen besonders oft Material von Hängen abrutscht. Wie die Technische Universität Graz erklärt, sind solche Ereignisse eine Gefahr für Menschen und die Infrastruktur, das heißt zum Beispiel für Gebäude, Straßen, Schienen und Stromleitungen. Entsprechend wichtig seien Frühwarnsysteme. Mitarbeiter der Hochschule haben gemeinsam mit anderen Experten ein System entwickelt, das Bewegungen gefährdeter Hänge verzeichnet.
Für ihre Tests platzierten die Wissenschaftler an verschiedenen Stellen eines gefährdeten Hangs im Bereich der Phyrnautobahn GPS-Sensoren. Diese können ständig Informationen über ihre genaue Position liefern und so Aufschluss über jede kleinste Bewegung im Hang geben. Über Kommunikationseinheiten werden die gesammelten Daten an einen Server der Technischen Universität Graz geleitet, wo sie mithilfe einer eigens zu diesem Zweck entwickelten Software ausgewertet werden.
Frühzeitige Warnung
Von dem erfolgreich getesteten System erhoffen sich die Forscher bessere Möglichkeiten, die Bevölkerung rechtzeitig vor Gefahren zu warnen. Wenn Kameras Bewegungen eines Hangs registrierten, so betonen sie, sei es meist schon zu spät, um geeignete Schritte einzuleiten, etwa eine Evakuierung.
Wie vielfältig die Ansätze bei der Entwicklung von Frühwarnsystemen sind, zeigt nicht zuletzt ein Projekt mit der Kurzbezeichnung ELDEWAS (Early Landslide Detection and Warning System), an dem das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung in Karlsruhe beteiligt ist. Dabei verknüpfen die Wissenschaftler eine Vielzahl von Informationen über Hänge mit laufend aktualisierten Wetterdaten, um Gefahren frühzeitig erkennen zu können.
Ein genaues Bild von den besonderen Gegebenheiten in einem bestimmten Gebiet entsteht dadurch, dass zunächst Fragen wie diese beantwortet werden: Wie steil sind welche Hänge? Wie ist der Boden in dem Gebiet beschaffen? Besteht er aus Sand, Lehm oder Fels? Wie wird das Land genutzt? Wo befinden sich Befestigungen, Häuser oder Straßen, wo Wälder oder Wiesen? Auf der Grundlage der Niederschlagswerte der vergangenen Tage kann abgeschätzt werden, ob der Boden mit Feuchtigkeit gesättigt ist. Anhand der vorhergesagten Niederschlagswerte lässt sich abschätzen, wann ein Hang instabil zu werden droht.