
Öffentliche Abschiednahmen untersagt, Beerdigungsmahlzeiten verboten. Als im Herbst 1830 in Intschede ein Fieber grassierte, an dem ungewöhnlich viele Menschen starben, griff das damalige Königlich Großbritannisch Hannoversche Amt in Westen zu Lockdown-Maßnahmen, die der momentanen Situation sehr ähneln. Jan Hendrik Brand aus Intschede hat in den letzten Wochen zwei Briefe des Amtes zu Westen an den damaligen Intscheder Pastor Petersen ausfindig gemacht und in lesbare Computerschrift übertragen. Beide Schreiben sind nun im vollständigen Wortlaut als PDF auf der Internetseite www.kirche-blender.de einzusehen.
„Bei meinen Recherchen im Intscheder Kirchenarchiv zum Kirchenjubiläum 2019 habe ich auch diese besagten Briefe gefunden“, berichtet der Intscheder Hobby-Historiker Brand. „Für die Jubiläumsfeierlichkeiten im letzten Jahr waren sie ohne Bedeutung. Aber jetzt wurde ich durch die aktuellen Infektionsschutzmaßnahmen wieder an den Erlass vor 190 Jahren erinnert.“
Der Erlass vom 16. September 1830 weist unter anderem darauf hin, dass der örtliche Voigt zu Intschede damit beauftragt wird, das Verbot der „ohnehin verbotenen Trauermahlzeiten“ und der sogenannten „öffentlichen Leichen-Begängnisse“ bekannt zu machen. So heißt es in dem Brief des Königlich Großbritannisch Hannoverschen Amtes zu Westen an Pastor Petersen am 16. September 1830: „Wir haben in Erfahrung gebracht, daß zu Intschede jetzt durch Fieber eine ungewöhnliche Anzahl Menschen sterben. Da nun deshalb doppelt vorsichtig rücksichtlich der zu befürchtenden Ansteckung, verfahren werden muß, so geben wir der Voigtey auf, sofort bekannt zu machen, daß die ohnehin verbotenen Trauermahlten zum Besten der Armen nochmals untersagt werden. Gleiches Verbot trifft die öffentlichen Leichen-Begängnisse, und es können diejenigen Leichen, an welchen Zeichen von Verwesung sichtbar sind, bereits 72 Stunden nach dem Tode beerdigt werden.“
Offensichtlich waren Trauermahlzeiten schon längere Zeit untersagt, als der Erlass Mitte September 1830 erging, wie es der Brief andeutet. Frühere Dokumente finden sich im Intscheder Kirchenarchiv dazu allerdings nicht. Außerdem wurde damals wahrscheinlich ebenfalls im Zuge des Seuchenschutzes verfügt, dass Verstorbene schneller, nämlich bereits nach drei Tagen bestattet werden durften. Als Strafe bei Vergehen gegen das Kontaktverbot wurden insgesamt 10 Reichsthaler festgesetzt. Viel Geld, denn: „Ein Reichsthaler entsprach damals laut Statistik der Bundesbank etwa 40 Euro“, erläutert Jan Hendrik Brand. Die angedrohte Strafe hätte somit bei 400 Euro gelegen – eine Summe, die nur reiche Großbauern überhaupt hätten aufbringen können.
Lange mussten die Intscheder diese Einschränkungen damals aber nicht aushalten. Bereits am 8. Oktober 1830 konnte das Amt zu Westen die Maßnahmen aufheben, denn es sei „durch ärztliche Bescheinigung vergewissert worden, daß die in Intschede jetzt häufig vorkommenden Fieber nicht ansteckender Art sind“, heißt es in einem Brief an Pastor Petersen vom 8. Oktober 1830. Und damals wie heute: Im Zuge der Einschränkungen wurden auch die Geldbeutel der Bevölkerung bedacht. So merkt das Königlich Großbritannisch Hannoversche Amt in Westen an, „daß, wie sich schon von selbst versteht, nur dann die Gebühren für eine öffentliche Beerdigung bezahlt werden, wenn solche stattgefunden hat.“
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