
Der große Saal des Kasch war vollbesetzt, als Dörte Hansen – so ziemlich am Ende ihrer Lesereise – nun in Achim Station gemacht hat. Dass sich unter den etwa 280 Zuhörern kaum Männer ausmachen ließen, fand Veit Hoffmann gar nicht schlimm. „Höchstens für die, die zu Hause geblieben sind“, witzelte der Buchhändler, der den literarischen Abend gemeinsam mit seiner Ehefrau Iris Hunscheid ausgerichtet hatte. Die freute sich dann auch riesig darüber, dass die in Husum lebende und mit verschiedenen Medienpreisen ausgezeichnete Schriftstellerin ihrer Einladung gefolgt war. „Schon vor vier Jahren war sie hier, zur Vorstellung ihres Romans ‚Altes Land‘. Das war ein wundervoller Abend", erinnerte sich Hunscheid.
Auch Dörte Hansen schien der lockere Einstieg in den Abend zu gefallen. Dass das Wetter nicht so schön sei, spiele ihr natürlich in die Karten, wandte sich die ehemalige Journalistin und Kulturredakteurin des Norddeutschen Rundfunks schmunzelnd an ihr Publikum. „So verpasst wenigstens niemand ein Grillfest." Nähe zu den Menschen im Saal ließ sie auch erkennen, als sie von den persönlichen Briefen ihrer Leser berichtete.
„Ganz viel Post bekomme ich, überwiegend von Frauen. Aber auch ältere Männer schreiben mir. Solche, die sich fühlen wie Ingwer Feddersen und zu Hause sind in Dörfern wie im fiktiven Brinkebüll." Dort stünde so mancher dem strukturellen und zwischenmenschlichen Wandel der letzten Jahrzehnte recht hilflos gegenüber und fände sich wieder in der Lebensgeschichte des Protagonisten aus ihrem neuen Roman „Mittagsstunde“.
Mit großer Wärme und ohne jedes Pathos entführte Hansen ihre Gäste an einen Ort, der auf der Landkarte nicht zu finden, jedoch beliebig austauschbar ist. In den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts habe der Niedergang begonnen, in Brinkebüll und anderswo, als die Landvermesser kamen und die Flurbereinigung, wie sich die Autorin erinnerte. „Als erst die Hecken und dann die Vögel verschwanden und Ingwer Feddersen zum Studium nach Kiel ging", heißt es in dem Buch.
Nach und nach gewährte sie Einblicke ins Leben auf dem Lande und in die Protagonisten-Familie Feddersen, deren Schicksal sich um die mittlerweile verwirrte Großmutter dreht und um deren Mann, den greisen Gastwirt. Und natürlich um Tochter Marret, die einst mit 17 Jahren ihren Sohn Ingwer unehelich zur Welt brachte. „Man konnte sie von Weitem hören, wenn sie in ihren weißen Klapperlatschen angelaufen kam. Sie trug die alten Dinger immer, schiefgetretene Holzsandalen, auch bei Schnee und Eis." Ein wenig wunderlich, mal Schlager trällernd, dann wieder vom Weltuntergang überzeugt, sei sie oft ungelegen gekommen, wenn sie durch die Hintertüren in die Häuser spazierte.
Ingwer Feddersen erkennt das Dorf, in dem er aufgewachsen ist, nicht wieder, als er nach vielen Jahrzehnten zurückkehrt: keine Schule mehr, kein Bäcker und kein Kaufmann. Keine Störche auf dem Dach der Kirche, auf den Feldern keine Kühe, nur noch Mais und Wind. Als wäre eine ganze Welt versunken. Aber im Gasthof steht noch immer Sönke Feddersen, de Ole, stur wie ein Findling hinter seinem Tresen. Und Ingwer, de Jung, vor 40 Jahren weggezogen, kehrt nun zurück. „Er hat in diesem Dorf noch etwas gutzumachen.“
Die Geschichte der Familie Feddersen kam beim Publikum gut an. „Was für ein Buch, was für eine Geschichte“, zeigte sich etwa Heike Dethleffs begeistert. Sie habe sich in ihre Kindheit zurückversetzt gefühlt, Charaktere und dörfliche Strukturen wiedererkannt.
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take the drama out of it.