
Das hätten die beiden jungen Frauen niemals gedacht. Dass ihr Arbeitsplatz solch eine bewegende Vorgeschichte haben würde, dass der Neubau des Achimer Rathauses, der an diesem Tag vor genau 25 Jahren offiziell eingeweiht wurde, dermaßen umstritten war, dass ganz Achim Anteil daran nahm. "Ich wusste von dem Aufstand gar nichts. Das war total spannend, die ganzen alten Zeitungsartikel zu lesen", erzählt Dayana Roth.
Die 27-Jährige befindet sich derzeit im ersten Lehrjahr zur Verwaltungsfachangestellten und ist mit ihren Azubi-Kollegen Aylin Aran, Gina Kirchhoff, Jacqueline Spiedt, Maurice Tunisch und Andre Förster mit der Aufarbeitung der Geschehnisse sowie der Organisation des Tags der offenen Tür befasst gewesen. Für eine Ausstellung, die es am Freitag, 15. Juni, geben soll, musste Dayana Roth in die Vergangenheit reisen. Auch Aylin Aran hat nicht viel gewusst über die Geschichte des neuen Achimer Rathauses, das nun ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel hat – und damit vier Jahre älter ist als 21-jährige Auszubildende. "Ein bisschen was hatte ich von den Kollegen gehört. Und ich habe schnell mitbekommen, dass viele Mitarbeiter darüber schimpfen, dass es keine Klimaanlage gibt, obwohl so viel Glas verbaut wurde", sagt Aylin Aran.
Unter den Fittichen von Kerstin Vöge aus dem Bürgermeisterbüro, die damals die Neubauausstattung mit geplant hatte, haben die Auszubildenden zunächst überlegt, wie sie den Tag der offenen Tür gestalten können, was den Besuchern geboten wird und in welchen Räumen. Während vor 25 Jahren die Eröffnung an zwei Tagen mit der Öffentlichkeit gefeiert wurde – am 12. und 13. Juni 1993 – muss dieses Mal ein Tag reichen, schließlich beginnt abends auch das Stadtfest. Aylin Aran war an einem Film über den Rathausneubau beteiligt, in dem die drei letzten Bürgermeister zu Wort kommen, ebenso der damalige Baudezernent und das Verwaltungsteam um Kerstin Vöge, das die Innenausstattung seinerzeit geplant hatte.
Den beiden jungen Frauen ist bei ihren Recherchen schnell klar geworden, dass es damals einen regelrechten Widerstand gegen den 23,5 Millionen D-Mark teuren Neubau gab. "Deswegen wird nicht nur Gutes zu hören sein", sagen sie mit Blick auf den Videofilm und die Ausstellung. Denn auch die alten Leserbriefe haben sie etwa aus dem ACHIMER KURIER gesucht, um die Meinungen der Bevölkerung darstellen zu können. Etwa ein Jahr haben die Vorbereitungen der Aktionen in Anspruch genommen, neben der normalen Arbeit versteht sich. Und so kommt es, dass Dayana Roth noch gar nicht alle Räume des Verwaltungssitzes, ihres Arbeitsplatzes, kennt. "Ich war noch nie im Trauzimmer", verrät die 27-jährige. Und überhaupt sei es die ersten Monate schwer gewesen, sich im Rathaus zu orientieren und zu wissen, "wo überhaupt was ist".
Eine Meinung zum Rathaus und zum gläsernen Foyer, das so etwas wie das Herzstück des Achimer Rathauses ist, werden auch die Besucher am Freitag haben. Ganz so, wie sie eine vor 25 Jahren hatten, nachdem sie erstmals den hellen Putzbau betreten durften, der der Verwaltung rund 6000 Quadratmeter Fläche und 80 Büros bietet. So hatte diese Zeitung am damaligen Eröffnungswochenende 14 Bürger direkt gefragt und nur drei lehnten den Neubau grundsätzlich ab. Eine Achimerin fand den Bau "generell schrecklich", er hätte nicht "so protzig sein müssen". Ein anderer Gast empfand den Bau als "größenwahnsinnig" und nicht ins Stadtbild passend.
Auf der anderen Seiten sparten die Bürger nicht mit Lob. Der Neubau sei schön und toll, sagte etwa eine Frau, die gerade von Bremen nach Achim gezogen war. Daher waren ihr solche Auseinandersetzungen nicht unbekannt, denn: "Bremen ist auch verschuldet." Andere wiederum gaben zu Protokoll, dass Achim dringend ein größeres Rathaus gebraucht habe. Und auch ein damaliger Verwaltungsmann kam zu Wort: Seinen Ausführungen nach seien gleich alle Verwaltungsmitarbeiter viel motivierter und fühlten sich wohl im neuen Rathaus.
Und was sagten der damalige Bürgermeister Christoph Rippich und der frühere Stadtdirektor Wolfram Hellermann über den Neubau? "An dieser Stelle nur so viel: Eine in sieben bis acht Kilometer auseinander liegenden Gebäuden untergebrachte Stadtverwaltung ist in unserer Dienstleistungsgesellschaft nicht vertretbar, heute nicht und schon gar nicht unter Berücksichtigung bereits vorstellbarer Entwicklungen", hieß es damals in einem gemeinsamen Grußwort. Und: "Bei unvoreingenommener Betrachtung kann man von einem insgesamt gelungenen Werk sprechen."
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