
Quelkhorn. Der Weg zu einem Titel führt für die deutschen Elite-Fußballer nicht selten über Australien. So ist es jetzt beim Confed-Cup in Russland gewesen, als die jungen Deutschen letztlich mit 3:2 gegen die „Socceroos“ die Oberhand behalten haben. Etwas deutlicher war da schon das Ergebnis bei der Heim-Weltmeisterschaft 1974, als am Ende ein 3:0 auf der Anzeigetafel blinkte. Für Manfred Schaefer war diese Niederlage allerdings kein Weltuntergang. Der kernige Milchmann aus Quelkhorn befand sich an diesem 18. Juni im Herbst seiner Fußballer-Karriere und stand für die Australier auf dem Rasen des Hamburger Volksparkstadions, wo er sich 90 Minuten lang packende Duelle in der Luft und am Boden mit keinem Geringeren als dem deutschen Super-Torjäger Gerd Müller lieferte. Ein unerbittlicher Zweikampf, an den sich der ehemals bissige Verteidiger auch heute, 43 Jahre später, noch lebhaft erinnert. „Wir waren Abenteurer und hatten keine Ahnung, was uns bei diesem Turnier erwartet“, erzählt Schaefer immer wieder gerne allen, die sich für seine Lebensgeschichte interessieren.
Dass der Auswanderer aus Quelkhorn zu Fuß viele Liter Milch austragen musste, bevor er am späten Nachmittag seine Fußballstiefel für das Training schnürte, war Alltag unter den australischen Fußballern. Schaefer, den man an seinen markanten rotblonden Koteletten immer sofort erkannte, war da keine Ausnahme. Der heute 74-Jährige hatte schon als Kind seine Leidenschaft für den Fußball entdeckt. Zu einer Zeit also, als das Spielgerät noch mit einer aufgepumpten Schweinsblase gefüllt war und Zeitungspapier als Schienbeinschutz diente. Schon als Junge kickte der Übersiedler mit den Kindern im Ort, denen sein Talent nicht verborgen blieb. Als Flüchtling war Manfred Schaefer mit seinen Eltern und Geschwistern nach dem Krieg aus dem ostpreußischen Pillau nach Quelkhorn gekommen. In der Straße An den Fuhren mitten in der idyllischen Surheide fand die Familie nach den ganzen Turbulenzen zunächst ein ruhiges Zuhause.
Doch auch Quelkhorn sollte für die Schaefers nur eine Zwischenstation sein, Mitte der 1950er-Jahre wanderte die Familie nach Australien aus und ließ sich in Sydney nieder. Das persönliche Glück ließ für Manfred Schaefer nicht lange auf sich warten, er lernte seine spätere Frau Hannelore kennen, die aus der Nähe von Cottbus stammte. In Australien gründete Schaefer nicht nur eine Familie, er ist Vater von einem Sohn und einer Tochter, sondern intensivierte auch das Fußballspielen. Schnell erkannten Späher das Talent des jungen Mannes, der in kurzer Zeit zu einem der besten Verteidiger auf dem fünften Kontinent avancierte. Doch Schaefer blieb sich treu, verdingte sich in erster Linie als begnadeter Handwerker und sicherte den Lebensunterhalt der Familie mit den Einnahmen von seiner Milchfarm. Profi-Fußball war in Australien ein gänzlich unbekanntes Phänomen, die Spitzenspieler zudem rar gesät.
Das änderte sich auch nicht, als Schaefer für die Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko nominiert worden war und einem brasilianischen Ballzauberer namens Pelé auf dem Feld begegnete. Höhepunkt war für den robusten Verteidiger aber vier Jahre später die Rückkehr nach Deutschland und das Duell mit Gerd Müller fast vor der ehemaligen Haustür. 98 Mal stand Schaefer mit der Nationalmannschaft auf dem Rasen. Insgesamt absolvierte Manfred Schaefer 450 Spiele in 13 Jahren, neun Jahre spielte er in der Nationalmannschaft. Den Kontakt nach Quelkhorn hat Manfred Schaefer derweil bis heute nicht abreißen lassen. Alle zwei bis drei Jahre quartiert er sich für einige Tage bei Erna Oelkers ein, mit der er immer noch eine enge Freundschaft pflegt.
Aber auch bei alten Weggefährten lässt sich Schaefer, der auch als Trainer eine erfolgreiche Karriere feierte, immer noch blicken. Der heutige Fischerhuder Bürgermeister Wilfried Mittendorf (ehemals Blanken) erinnert sich genauso gut wie Wilfried Bergmann an den Freund aus Kindertagen, der es zum australischen Fußball-Nationalspieler gebracht hat. „Der Briefkontakt hat immer bestanden. Manfred war schon immer ein Kumpeltyp, sehr kommunikativ und ein absoluter Familienmensch“, ist Bergmann, ehemaliger Vereinsboss des FC Quelkhorn, voll des Lobes über seinen Freund, den auch er schon in Sydney – zuletzt für acht Tage im September 2000 – besucht hat. Das erste Wiedersehen hatte sich derweil nach fast 20 Jahren zur WM 1974 damals auf Einladung des Hamburger SV ergeben.
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