
Wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Fahrens ohne Führerschein ist ein 45-Jähriger aus Emtinghausen am Montag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Verden sah es als erwiesen an, dass er am 2. August 2019 in Suizidabsicht handelte und den Tod anderer Personen billigend in Kauf nahm, als er in seinem Auto mit mehr als 120 km/h in Thedinghausen auf eine Kreuzung raste.
Das hätte alles ganz anders ausgehen können. Bei der heftigen Kollision, die der damals schon führerscheinlose und stark alkoholisierte Mann im Bereich Beppener Bruch verursacht hatte, war die Fahrerin eines Kleinbusses samt Anhänger glücklicherweise mit leichten Verletzungen davongekommen. Glimpflich davongekommen ist auch der Angeklagte. Jedenfalls angesichts der Tatsache, dass ihm ursprünglich zweifacher versuchter Mord vorgeworfen worden war und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft einige Stunden vor der Urteilsverkündung ein völlig anderes Strafmaß gefordert hatte.
Der erste Fall war zwar sogar eingestellt worden, nachdem sich im Verlaufe der Beweisaufnahme eine andere Sachlage als zunächst angenommen ergeben hatte. Das dramatische Geschehen rund zwei Wochen danach an der Kreuzung Bruchweg/Winkelweg stellte sich für die Erste Staatsanwältin Annette Marquardt allerdings nach wie vor als versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung dar. Mordmerkmale: Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers und Heimtücke. Der Mann habe „andere Verkehrsteilnehmer für seinen Suizidversuch instrumentalisiert“ und seinen „Wagen als Waffe eingesetzt“. Die erforderliche Konsequenz könne nur lauten: lebenslänglich.
Selbst bei diesem Antrag habe der Angeklagte „praktisch keine Äußerung“ erkennen lassen, sagte der Vorsitzende Richter später bei der Begründung des Urteils, dem sich auch noch die Aufhebung des Haftbefehls anschloss. Der Mann habe sich während der mehrtägigen Hauptverhandlung „relativ empathielos“ gezeigt. Eine gewisse Erleichterung war dann bei dem 45-Jährigen jedoch unverkennbar: Ihm wurden nicht noch einmal Hand- und Fußfesseln angelegt. Vielmehr konnte er das Gericht nach mehr als sieben Monaten Untersuchungshaft freien Fußes und an der Seite seiner Frau verlassen.
Das letzte Wort ist in dem Verfahren indes noch nicht gesprochen. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidiger erklärten auf Nachfrage, sie würden wohl Rechtsmittel einlegen. Denn nicht nur zwischen der Forderung der Anklage und dem vom Gericht verhängten Strafmaß klafft eine große Lücke. Auch die beiden Verteidiger hatten eine andere Sicht auf die Sache zum Ausdruck gebracht und sahen keinerlei Hinweise auf versuchten Totschlag. Sie forderten eine Strafe von maximal einem Jahr und acht Monaten – ausgesetzt zur Bewährung.
Doch damit hatten sie bei der Schwurgerichtskammer keine Chance. Vorsitzender Richter Volker Stronczyk wies darauf hin, dass die Polizei zunächst von einer „normalen Trunkenheitsfahrt“ des Angeklagten ausgegangen sei, der sich in einer persönlichen Krisensituation befunden habe und selbst schwer verletzt worden sei. Der Fall wäre nie beim Landgericht, gar bei der Schwurgerichtskammer gelandet, wenn der Mann nicht gegenüber den Rettungskräften gesagt hätte, er habe sich umbringen wollen. Und auch einige Tage später im Krankenhaus, bei der polizeilichen Vernehmung, habe der Angeklagte entsprechend zu seiner Motivlage ausgesagt.
Während des Prozesses hatte der dreifache Vater das Tatgeschehen weitgehend eingeräumt, Selbstmordabsichten aber in Abrede gestellt. „Es ist ihm abzunehmen, dass er das nicht mehr so wahrhaben will“, sagte Stronczyk. Mordmerkmale habe man nicht erkennen können, von versuchtem Totschlag gehe man aber aus – und zwar von einem minderschweren Fall nicht zuletzt wegen verminderter Schuldfähigkeit infolge der Alkoholisierung von etwa zwei Promille zur Tatzeit. Es hätte viel mehr passieren können, sagte Stronczyk, gab aber auch zu bedenken: „Nur Sekunden oder Bruchteile von Sekunden früher oder später, und es wäre nichts passiert.“
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