
Thedinghausen-Lunsen. Spitze Töne durchbrechen kurze Momente der Stille. Geigen heulen auf, die Spannung scheint die Luft zu zerschneiden. Vor gut 150 Zuschauern setzen die Streichmusiker der Sinfonietta Aller-Weser in der Kirche St. Cosmas und Damian zum musikalischen Höhepunkt an. Es ist Sonntagabend, schon zum elften Mal spielt das Laienorchester im Lunser Gotteshaus. Für Freunde der sinfonischen Musik ist es immer wieder aufs Neue ein Fest – auch in diesem Jahr.
"Proměna für Streichmusiker" – so hat Dirigent Karsten Dehning-Busse sein Werk betitelt, welches er an den Literaturklassiker "Die Verwandlung" von Franz Kafka anlehnt. Und tatsächlich, die Musik setzt bei den Zuhörern geradezu ein Kopfkino in Gang. Vor dem inneren Auge erscheint diese durch und durch surreale Szene, wie Gregor Samsa als "ungeheures Ungeziefer" in seinem Bett erwacht. Das Zupfen und Streichen der Musiker scheint seine Verzweiflung zu unterstreichen. Klänge mit starkem Kontrast sägen an den Nerven der Zuschauer. Es ist ein Stück, das mit Hörgewohnheiten bricht und so immer wieder aufs Neue überrascht.
Während "Proměna" von Dehning-Busse selbst komponiert wurde, bedient sich die Sinfonietta Aller-Weser für den übrigen Teil des Abends bei Joseph Haydn und Johannes Brahms. So kommen auch die Blasinstrumente zum Einsatz, die während der "Proměna" noch zum Schweigen verdammt waren. Das Zusammenspiel der insgesamt 46 Musiker erfüllt die Dorfkirche mit oppulenter Musik. Nicht zuletzt trägt auch die Kirche selbst zu einer beeindruckenden Stimmung bei.
"Die Musik macht Gänsehaut", sagt Maria Skrzypiec. Sie trägt die Begeisterung für klassische Musik im Namen, denn ihr polnischer Nachname bedeutet "Geige". Sie hat das Konzert am Sonntagabend aus der dritten Reihe verfolgt, war den Musikern also ganz nah. Neben ihr sitzt Ursel Husstedt, die sogar alle elf Auftritte der Sinfonietta in Lunsen besucht hat. "Die Kirche hat eine tolle Akustik", sagt sie. Husstedt engagiert sich in der Gemeinde. Auch die "Proměna" habe ihr gefallen, sagt sie. "Das war mal etwas ganz anderes und wirklich eine Verwandlung."
Auch in den hinteren Reihen hat die musikalische Adaption Kafkas Eindruck gemacht. "Das war hochinteressant und facettenreich", meint der 70-jährige Rainer Haselbach, der in Kirchlinteln wohnt. "Kafka halte ich für überbewertet, aber es ist toll, was der Dirigent daraus gemacht hat", sagt er. Neutral ist seine Meinung allerdings nicht, denn sein Bruder spielt am Violonchello.
Und auch der Dirigent selbst, ausgestattet mit einem besonders kritischem Ohr, zeigt sich nach der Vorstellung zufrieden. "Bestens, alles gelungen", sagt Dehning-Busse, während er den Abend mit seinen Musikerkollegen im Gemeindehaus gemächlich ausklingen lässt. Bei der Umsetzung der anspruchsvollen Spieltechniken habe er viele praktische Tipps geben können. Er ist selbst Cellist und lehrt an der Musikhochschule Hannover. Bis zu dem nächsten Auftritt der Sinfonietta Aller-Weser müssen sich die Freunde dieser Musik noch gedulden. Das nächste Mal wird am 30. September 2018 gespielt, dann im Schulzentrum Bruchhausen-Vilsen.
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