
War früher wirklich alles besser, wie besonders Nostalgiker und Romantiker es gern behaupten? Friedrich Bartels und sein Team vom Ottersberger Kulturverein im Rektorhaus haben diese Frage aufgegriffen und zum zentralen Thema der neuesten Ausgabe ihrer Ottersberger Geschichtshefte gemacht, die jetzt in der neunten Auflage unter dem Titel „Die Zwanzigerjahre damals und heute“ erschienen ist und demnächst erworben werden kann.
Beim Blick in die ferne Vergangenheit ist es Bartels derweil nicht schwergefallen, Parallelen zwischen gestern und heute aufzuspüren. Ist es heute die Corona-Pandemie, die den Menschen auf der ganzen Welt zusetzt, so grassierte bis in die 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts mit der Spanischen Grippe ebenfalls ein tödliches Virus. Viel lieber betrachtet Bartels in seinem neuen historischen Werk aber eine Zeit, die nach der Ausrottung der damaligen Pandemie begann und den Menschen der damaligen Zeit einen wahren Höhenflug bescherte, ehe zunächst die Inflation, dann die Weltwirtschaftskrise und später auch noch die Nazis der Aufbruchstimmung ein abruptes Ende bereiteten. Und so vergleicht der Hobby-Historiker im neuen Ottersberger Geschichtsheft die „Goldenen Zwanziger“, die auch die Menschen im damaligen Straßendorf Ottersberg beflügelten, mit der Gegenwart.
Doch trotz vieler Parallelen gab es große Unterschiede, wie Bartels festgestellt hat. „In den 1920ern war Deutschland politisch äußerst instabil und wirtschaftlich durch die Folgen des Ersten Weltkriegs bis ins Mark geschwächt“, weiß er zu berichten. Heute habe man eine funktionierende Regierung, demokratische Verhältnisse und eine Volkswirtschaft, die in der Welt den vierten Rang einnimmt. „Nüchtern betrachtet geht es uns heute unwahrscheinlich gut“, lautet daher Bartels' eindeutige Antwort auf die eingangs gestellte Frage und setzt sogar noch einen drauf: „Noch nie ging es uns Deutschen so gut.“ Verglichen mit damals lebe man jetzt in einem goldenen Jahrzehnt, genau wie um 1925, als sich die deutsche Wirtschaft dank amerikanischer Kredite deutlich erholte.
Wie Friedrich Bartels bei seinen Recherchen herausgefunden hat, amüsierten sich auch die Menschen in Ottersberg zu jener Zeit bei fröhlichen Tanzabenden im Hotel Gieschen, bei Schloh oder am Bahnhof in Schnackenbergs Saal prächtig. „Charleston war damals nicht wie heute ein Pflegeheim, sondern der Name eines Tanzes, der 1925 aus Amerika auch nach Ottersberg kam“, erzählt Bartels und fügt hinzu: „Die vorherrschende Stimmung neigte sich auch im Flecken Ottersberg der gelockerten Lebensweise und allgemeinen Erleichterung zu.“
Der Alltag in den Goldenen Zwanzigern war laut Bartels derweil durch weniger spektakuläre Ereignisse geprägt. In Zeiten ohne Radio, Fernsehen, Computer und Smartphone habe sich das Leben in der Freizeit wesentlich in den Vereinen abgespielt. Bälle und Umzüge führten die Menschen zusammen und sorgten für Vergnügen und zahlreiche Eheschließungen. Während es Schützen- und Gesangvereine in heutigen Zeiten mitunter schwer haben, ihr Vereinsleben aufrecht zu erhalten, sah dies vor Hundert Jahren ganz anders aus. Als zum Beispiel der Gesangverein „Harmonie“ im Jahr 1927 seine neue Fahne einweihte, erschienen laut Bartels rund 600 Sänger aus 84 Gesangvereinen zur Zeremonie und feierten den ganzen Tag lang. Dennoch kommt Bartels lieber zu dem Schluss, dass es die Menschen in der heutigen Zeit weitaus besser haben. „Wir können froh sein, dass wir von Inflation, Massenarbeitslosigkeit und polternden Nazis verschont sind“, bilanziert Bartels.
In einem weiteren Kapitel des Ottersberger Geschichtsheftes rückt er die Geschichte der Ottersberger Kirche in den Fokus. Ute Fetkenhauer vom Kulturverein steuert zudem Geschichte und Geschichten vor 130 Jahren bei. Verkauft wird das Exemplar am Freitag (15 bis 18 Uhr) und Sonnabend (8 bis 12 Uhr), 4. und 5. Dezember, im Rewe-Markt (Grüne Straße) zum Preis von 3,50 Euro.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.