
Eine gute Woche liegt es nun zurück, dass über 3500 Landwirte mit ihren Treckern nach Bremen gefahren sind, um für die Belange der Landwirtschaft zu demonstrieren. Rund 300 Schlepper rollten am 17. Januar auch durch den Landkreis Verden (wir berichteten). Bei der Frage nach den Gründen für diesen Protest fällt ein Wort fast so sicher, wie das Amen in der Kirche: Düngeverordnung. Die Verschärfung der Düngeregeln ist für die Bauern ein konkreter Ausdruck für das allgemeine Gefühl, unter zunehmend schwierigeren Bedingungen wirtschaften zu müssen.
Viele Bauern müssen sich darauf einstellen, künftig 20 Prozent weniger Gülle auf ihren Feldern ausbringen zu dürfen. Die Entscheidung des Bundesrats steht aber noch aus. Die Debatte ist deshalb im vollen Gange – auch im Landkreis Verden. Der Kreisverband Rotenburg-Verden des Landvolks stellt aktuell die „roten Gebiete“ mit einem eigenen Gutachten auf den Prüfstand. Das Land Niedersachsen hatte im vergangen Jahr ausgewiesen, wo die Nitratwerte im Grundwasser zu hoch seien.
In den roten Gebieten sollen dann die schärferen Regeln gelten, über die der Bundesrat entscheidet. So will Deutschland einer Bestrafung durch den Europäischen Gerichtshof entgehen. „Die neue Düngeverordnung tut uns erst massiv weh, durch das, was in Berlin verhandelt wird“, betont Kreislandwirt Jörn Ehlers. Im Zuge der Gebietsausweisung hatte Niedersachsen Regeln erlassen, die schon jetzt gelten. Die Bauern müssen die Gülle einen Monat länger lagern können, sie schneller auf den Feldern ausbringen und den Nährstoffgehalt messen. Damit können die Bauern laut Landvolk gut leben.
Der Bauernverband stellt aber die Messungen infrage, die als Grundlage für die roten Gebiete dienen. In Kirchlinteln lagen die Grundwasserwerte einer Messsäule in den Jahren 2014 und 2015 deutlich über dem kritischen Grenzwert vom 50 Milligramm Nitrat pro Liter. „Danach ist die Station aber trocken gefallen. Eine neue Messung ergab nur fünf Meter daneben 2018 einen Wert von weniger als einem Milligramm“, argumentiert Ehlers.
Er vermutet, dass ein sinkender Grundwasserspiegel die Werte verfälscht hat. Trotzdem liegt die gesamte Gemeinde Kirchlinteln nun im roten Gebiet. Mit einem Gutachten bereitet sich das Landvolk auf den Klageweg vor. „Dadurch können wir klären, wo unsere Kollegen mit einer Klage große Erfolgsaussichten haben“, sagt Ehlers. Die Landwirte pochen also darauf, sich Ausnahmen von der Düngeverordnung vor Gericht zu erstreiten.
Nitrat gefährdet insbesondere die Gesundheit von Babys und Kleinkindern, zudem steht es im Verdacht, krebserregend zu sein. Der Trinkwasserverband (TV) Verden hat deshalb die Nitratwerte im Grundwasser genau im Blick. Die Wasserwerke Panzenberg und Langenberg liegen nahe Verden und auf dem Gebiet der Gemeinde Kirchlinteln in den besonders belasteten roten Gebieten. Mit dem dort geförderten Grundwasser stellt der TV die Trinkwasserversorgung sicher, zudem liefert er einen Teil nach Bremen.
Die Förderbrunnen reichen aber tief ins Erdreich. Wie der TV mitteilt, liegt der Nitratwert im geförderten Grundwasser am Panzenberg bei einem Milligramm pro Liter, beim Wasserwerk Langenberg sind es bis zu sechs. Dieses Niveau sei gesundheitlich unbedenklich. In geringerer Tiefe zeigten sogenannte Vorfeldmessstellen laut Geschäftsführer Stefan Hamann aber Nitratwerte, „welche mitunter auch den Grenzwert deutlich übersteigen“.
Zum Schutz des Grundwassers hat der TV mit den Landwirten nahe der Pumpwerke schon vor Jahren sogenannte Trinkwasserschutzkooperationen vereinbart. Auf freiwilliger Basis verpflichten sich die Bauern etwa auf Gülle zu verzichten oder sie bauen zusätzliche Früchte an, um das Nitrat zu binden. Damit einher gehen auch finanzielle Fördermittel. „Diese Maßnahmen werden aus Mitteln der EU und des Landes finanziert und betragen für die von uns geführte Kooperation circa 320 000 Euro jährlich“, erklärt Hamann.
Der BUND würde die Vergabe von derartigen Fördermitteln gerne genauer kontrollieren. „Wo ist da das Monitoring? Als Umweltverbände sind wir komplett außen vor“, kritisiert Udo Paepke, Kreisvorsitzender des BUND. Die Debatte um die Düngeverordnung beschäftigt auch ihn. „Grundsätzlich ist es richtig, diese roten Gebiete auszuweisen. Die starke Nitratbelastung muss aufhören.“ Paepke und der BUND gehen nicht auf Konfrontationskurs mit den Landwirten, im Gegenteil. Im Dezember hat er sich gerade mit dem Landvolk zum Austausch getroffen. „Man muss im Gespräch bleiben. Lösungen kann man nur gemeinsam finden.“
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