Lilienthal. Einen deutlich zu hohen Preis zahlte ein Lilienthaler für die Entfernung eines Wespennests. Wie die Polizei berichtet, hatte der Mann in der vergangenen Woche eine angebliche Spezialfirma mit der heiklen Aufgabe beauftragt. Im Anschluss an die Entfernung verlangte der Mitarbeiter einen Betrag von über 200 Euro. Der Mann bezahlte direkt vor Ort mit seiner EC-Karte. Von seinem Konto abgebucht wurden jedoch über 600 Euro. Der Geschädigte hat nun Anzeige erstattet und die Polizei ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Eigentlich hatte der Lilienthaler alles richtig gemacht: Wer ein Wespennest auf dem Balkon, am Haus oder im Garten entdeckt, darf es nicht einfach selbst entfernen, denn Wespen stehen unter Naturschutz. Es ist laut Niedersächsischem Naturschutzgesetz verboten, ohne vernünftigen Grund Lebensstätten wild lebender Tier- und Pflanzenarten zu zerstören oder zu beschädigen. Vernünftige Gründe könnten aber beispielsweise sein, dass ein Betroffener auf Insektenstiche allergisch reagiert oder sich das Nest an einem problematischen Ort befindet.
Größtenteils harmlos
Informationen zur zulässigen Entfernung von Wespennestern gibt der Landkreis Osterholz auf seiner Webseite www.landkreis-osterholz.de unter dem Suchbegriff „Wespen“. Informiert werden müssen die Behörden aber nicht, „Bürger dürfen ohne Rücksprache mit der Kreisverwaltung und ohne Genehmigung selbst entscheiden, ob die Bekämpfung eines Wespennestes erforderlich ist“, heißt es dort. Der Kreis rät, für die Beseitigung einen fachlich ausgebildeten Insektenbekämpfer zu beauftragen. Die Kosten für die Beseitigung eines Nestes beliefen sich in der Regel auf rund 100 Euro.
Von den fast 500 in Mitteleuropa vorkommenden Wespenarten gelten zwei, die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe, als lästig. Alle anderen neun in der Region anzutreffenden Arten sind nach Ansicht von Experten friedfertig und vermeiden sogar möglichst jeden Kontakt mit Menschen. Auch Hornissen reagierten nur dann ungehalten, wenn sie ihr Nest in Gefahr sehen. Das Gift aller Wespenarten, auch das der Hornissen, sei nicht gefährlicher als Bienengift, so die Experten.
Probleme mit den Wespen erledigen sich zudem von selbst, wenn man sie einen Sommer lang aushält. Bis auf die an einem geschützten Ort überwinternde Jungkönigin stirbt das ganze Volk in den ersten kalten Nächten ab. Diese Königin gründet dann im nächsten Frühjahr in aller Regel an einem anderen Ort ein neues Volk. Zunächst wird die Brut von den Arbeiterinnen großgezogen. Erst wenn die Königin ihre Eierproduktion einstellt und die Wespenlarven groß sind, vergnügen sich die „arbeitslosen“ Arbeiterinnen an süßem Obst und anderem Naschwerk. Das ist in diesen Tagen deutlich zu sehen.
Die Deutsche Wespe, die Gemeine Wespe und die harmlose Rote Wespe bauen unterirdische, für den Menschen in der Regel nicht sichtbare Nester. Hierfür nutzen sie Gänge von Wühlmäusen oder Maulwürfen, manchmal auch dunkle Hohlräumen im Haus. Nur die anderen, meist friedliebenden Arten bauen ihre Nester freihängend und mehr oder weniger sichtbar in Gebüschen oder an Gebäuden. Hornissen bevorzugen größere Hohlräume wie Nistkästen oder Baumhöhlen. In unmittelbarer Nähe der Nester sollten heftige Bewegungen, Bodenerschütterungen und alle unnötigen Störungen vermieden werde, vor allem sollte die „Einflugschneisen“ nicht blockiert werden. Eltern sollten ihre Kinder von den Nestern fernhalten.
Beim Umsetzen von Hornissennestern ist in jedem Falle die Kontaktaufnahme mit der Kreisverwaltung erforderlich, da diese Insektenart durch die Aufnahme in die Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt ist. Ein Hornissennest darf nur mit einer Ausnahmegenehmigung beseitigt werden. Sind sich die Bürger nicht sicher, ob es sich um Wespen oder Hornissen handelt, sollten sie sich auch an die Kreisverwaltung wenden. Zuständig ist das Planungs- und Naturschutzamt, erreichbar unter Telefon 04791/ 930 30 10 oder planungsamt@landkreis-osterholz.de.
Der Verbraucherschutzverband "Wohnen im Eigentum" weist zudem daraufhin, dass Wohngebäudeversicherungen unter Umständen die Kosten bei einer fachgerechten Entfernung eines Wespen-, Bienen- oder Hornissennestes abdecken. „Wenn man um eine Umsiedlung oder Entfernung nicht herumkommt, sollten Wohnungseigentümer einen Blick in Ihre Versicherungsunterlagen werfen", rät Referentin Sabine Feuersänger. Manche Versicherungen erstatten im Rahmen von Wohngebäude- oder Hausratversicherung die Auslagen. Und mancherorts böten neben Firmen auch Naturschutzorganisationen oder Imker eine Umsiedlung an – "diese Alternative ist nicht nur tiergerecht, sondern meist auch kostengünstiger".
Die Polizei empfiehlt im Zusammenhang mit dem Lilienthaler Fall, sich vor der Beauftragung einer Firma zunächst über diese zu informieren, beispielsweise über Suchmaschinen im Internet oder die Verbraucherschutzzentrale. Außerdem sollte vorab ein Preisvergleich vorgenommen werden. Joachim Kopietz, Beauftragter für Kriminalprävention der Polizeiinspektion Verden/Osterholz, rät: „Bei der Zahlung mittels EC-Karte sollte immer der in das Bezahlgerät eingegebene Betrag überprüft werden.“
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