Wer betrunken auf einen E-Roller steigt, riskiert seinen Auto-Führerschein. Das Amtsgericht Hannover verurteilte am Donnerstag einen 22-Jährigen, den die Polizei mit 1,2 Promille Alkohol im Blut in der Fußgängerzone von Hannover erwischt hatte, zu einem insgesamt zehnmonatigen Entzug der Fahrerlaubnis. Neben einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 50 Euro brummte ihm Richter Ulrich Kleinert zusätzlich ein dreimonatiges Fahrverbot für sämtliche Fahrzeuge auf. Der Software-Entwickler muss in den nächsten 90 Tagen auf die Nutzung von E-Scootern, für die man keinen Führerschein braucht, verzichten.
Der junge Mann kam am letzten August-Freitag 2019 nachts mit einem Kumpel von der Partymeile im Rotlichtbezirk Steintor und wollte Richtung City. In der für Fahrzeuge verbotenen Fußgängerzone umkurvten die Roller-Piloten einige Passanten; eine Polizeistreife stoppte sie. Vor Gericht berichtete ein 36-jähriger Oberkommissar als Zeuge von einer Alkoholfahne, roten Augen und verwaschener Aussprache des Angeklagten. Die später abgenommene Blutprobe ergab 1,2 Promille. Der Wert lag also über der von der Rechtsprechung festgelegten Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille – ein klarer Fall von Trunkenheit im Verkehr nach Paragraf 316 Strafgesetzbuch.
Der Führerschein des 22-Jährigen wurde sofort einkassiert, der ertappte Sünder erhielt einen Strafbefehl, gegen den sein Anwalt Dogukan Isik Einspruch einlegte. „Der Tatvorwurf stimmt“, erklärte der Verteidiger im Prozess. „Die Geldstrafe hat er verdient.“ Aber sein Mandant, der nicht vor Gericht erschien, empfinde die Führerscheinsperre als viel zu hart. Es sei doch nichts passiert, und außerdem habe der junge Mann noch nicht die strengen Vorschriften verinnerlicht. „Das ist doch bei den meisten Bürgern noch nicht angekommen.“ Er habe in seiner Kanzlei an die 40 Fälle, bei denen Unwissenheit mit E-Rollern und Alkohol eine Rolle spielten, berichtete Isik.
Richter Kleinert ließ dies nicht gelten. „Das kann man in 30 Sekunden herausfinden, man braucht nur zu googeln.“ Der Angeklagte hätte wissen müssen, dass man nicht betrunken fahren dürfe. „Das ist bei E-Scootern nicht anders als bei anderen Fahrzeugen.“ Außergewöhnliche Umstände, um von dem bei solchen Promillewerten zwangsläufigen Führerscheinentzug abzurücken, lägen nicht vor. Dennoch kam der Richter dem nicht vorbestraften 22-Jährigen etwas entgegen und reduzierte die von der Vertreterin der Staatsanwaltschaft geforderte Sperrfrist auf insgesamt zehn Monate. Und noch eine „gute Nachricht“ hatte der Richter für den Sünder parat: Er muss keine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) über sich ergehen lassen. Diese im Volksmund „Idiotentest“ genannte Prüfung wird bei Ersttätern erst ab 1,6 Promille fällig
Weitere Informationen
Auch für E-Rollerfahrer gelten alle anderen Promille-Grenzen: Bei Fahrfehlern oder Unfällen oder sonstigen Auffälligkeiten kann schon ab 0,3 Promille eine strafbare Trunkenheit vorliegen („relative Fahruntüchtigkeit“). Ab 0,5 Promille drohen unabhängig von Auffälligkeiten Bußgeld und Fahrverbot. Führerschein-Neulinge müssen zudem das totale Alkoholverbot (0,0 Promille) in ihrer zweijährigen Probezeit beachten.