
Ausgerechnet eine Tankstelle. Der erste Neubau auf dem alten Hansa-Gelände stieß 1990 auf wenig Gegenliebe in der Politik, denn keine 500 Meter weiter kamen schon die nächsten beiden Tanken. Aber aufhalten konnten sie die Entwicklung nicht. Vor genau 25 Jahren fiel eine weitere Industrie-Ikone Delmenhorsts, die hohe Werksmauer verschwand hinter einem profanen weißen Bauzaun, nach und nach verwandelte sich das durch monumentale rote Backsteinbauten geprägte Hansa-Gelände in eine Dienstleistungs- und Parkplatzwüste mit Riesensupermarkt. Nicht eines der historischen Fabrikgebäude blieb erhalten.
Den Briten, den Erfindern, den Weltmarktführern in Sachen Linoleum, gefiel natürlich nicht, was da im Norden Deutschlands geschah, entsprechend planten sie, selbst ins Kaiserreich zu expandieren. Um das zu verhindern, half nur eine Kooperation. Die Briten stiegen also in die deutsche Produktion mit ein, sicherten zu, alle Innovationen auch nach Delmenhorst zu bringen, dafür sollten die Deutschen ihre Finger von gewissen Märkten lassen. Deswegen residierte an der Ochtumer Chaussee, wie die Stedinger Straße damals hieß, ab 1883 die „German Linoleum Manufacturing Company Limited“.
Das einzige, was von der Hansa übrig blieb, sind einige der Beamten- und Direktorenhäuser an der Stedinger Straße, unter anderem das Heim des kaufmännischen Direktors Adolf Stuckenberg, Vater des wohl bedeutendsten Delmenhorster Malers, des Expressionisten Fritz Stuckenberg. Stuckenberg Senior gehörte seit 1892 zur Führungsriege des Unternehmens. Doch auch er konnte nicht verhindern, dass ein durch Überproduktion ausgelöster Preisverfall das Unternehmen in Not brachte. Die Konsequenz: 1926 schlossen sich die drei Delmenhorster Fabriken mit den Adler-Werken Maximiliansau und der Deutschen Linoleum und Wachstuch Compagnie Rixdorf-Berlin zu den DLW, den Deutschen Linoleum-Werken, zusammen.
Doch zumindest gelang es der DLW, durch Verpachtung weitere Einnahmen zu erzielen. Am 25. Mai 1935 übernahm die Weser-Flugzeugbau Teile des Areals, wie Reinhold Thiel in seiner Geschichte des Unternehmens schreibt. Ralf Dünhöft führt in seinem Buch „Fremdarbeiter in Delmenhorst während des II. Weltkriegs“ aus, was dort produziert wurde: „Im Delmenhorster Werk wurden Oberschulen (Rümpfe) für den Sturzkampfbomber Ju 87 gefertigt.“ Er zeigt auf, dass Zwangsarbeiter im Flugzeugbau eine entscheidende Rolle spielten, von den im Januar 1944 in Delmenhorst beschäftigten Mitarbeitern waren 299 Fremdarbeiter, also rund 18 Prozent. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlieren sich die Spuren zum Hansa-Gelände.
„Es wurde nach der Besetzung Delmenhorsts durch die Engländer für einige Jahre von der britischen Militärregierung als Depot zur Versorgung der Soldaten und Zivilbeschäftigten genutzt und beherbergte in der ersten Nachkriegszeit meines Wissens auch die UNRRA, die United Nations Relief and Rehabilitation Administration“, erzählt Stadtarchivar Werner Garbas.
Doch Hinweise auf die weitere zivile Nutzung des Areals sind rar. Anhand der Berichte über die anstehenden Abrissarbeiten ab 1990 wird deutlich, dass die Möbelfundgrube dort angesiedelt war, 1994 zog das Unternehmen an den Reinersweg. Anhand alter Fotos aus dem Stadtarchiv lässt sich auch rekonstruieren, dass die Lebensmittelkette Kafu dort ein Lager betrieben hat. Weitere Spuren – zumindest in schriftlicher Form – scheinen nicht zu existieren, auch Stadtarchivar Garbas ist nichts bekannt. Was irgendwie auch zu der fast in Vergessenheit geratenen ersten deutschen Linoleumfabrik passt.Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.