
Die Gräber von einem Dutzend ehemaliger Patienten des Klinikums Delmenhorst werden geöffnet. Sie alle könnten von Ex-Krankenpfleger Niels H. auf der Intensivstation des städtischen Krankenhauses getötet worden sein. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft gestern mit, weitere Exhumierungen sind sehr wahrscheinlich. Zudem haben die Ermittler H. als Täter bei acht Fällen beim Rettungsdienst im Landkreis Oldenburg und bei 20 am Klinikum Oldenburg im Verdacht.
Zwölf Gräber werden in den kommenden Wochen geöffnet. Es sind die Gräber von ehemaligen Patienten des Klinikums Delmenhorst. Sie lagen alle auf der Intensivstation. Sie alle könnten Opfer von Krankenpfleger Niels H. geworden sein. Ob er ihnen das Herzmedikament Gilurytmal gespritzt hat, um sie in eine lebensbedrohliche Situation zu bringen und sie dann wiederzubeleben, müssen die Untersuchungen der Leichname zeigen. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen zumindest derzeit davon aus, wie sie am Montag bei einer Pressekonferenz im Klinikum Oldenburg berichteten.
Das Beunruhigende an dieser Zahl: Derzeit sind erst 23 von 174 Fällen am Klinikum Delmenhorst von einem unabhängigen Gutachter untersucht, schon jetzt sind also mehr als die Hälfte der Todesfälle verdächtig. Bislang hatte Niels H., gegen den derzeit ein Verfahren am Landgericht Oldenburg wegen drei Morden und zwei versuchten Morden läuft und der 2008 bereits wegen versuchten Mordes zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, behauptet, dass bis zu 30 Menschen seinetwegen gestorben seien, wobei die Zahl immer eine Schätzung war. Zudem bestritt der ehemalige Krankenpfleger, an anderen Arbeitsplätzen getötet zu haben.
Doch die Ermittler legten andere Zahlen vor. Von 1999 bis 2002 war H. am Klinikum Oldenburg beschäftigt. Das Krankenhaus hat selbst ein Gutachten für diese Zeit in Auftrag gegeben, dabei sind zwölf Fälle gefunden worden, in denen beim Tod von außen nachgeholfen wurde. „Wir beschränken uns aber nicht auf das Gutachten des Klinikums“, sagte die leitende Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann. „Wir haben unser eigenes Gutachten erstellt und kommen derzeit auf 20 Sterbefälle, die verdächtig sind.“
Nicht nur in diesen 20 Fällen wird genauer ermittelt. Auch in der Zeit, in der H. beim Deutschen Roten Kreuz in Ganderkesee nebenberuflich als Rettungssanitäter gearbeitet hat, gibt es Auffälligkeiten: In acht Fällen sind Verfahren eingeleitet worden. „Das waren Patienten, die reanimationspflichtig geworden sind“, erklärte Arne Schmidt, der die Sonderkommission „Kardio“ leitet. Es waren Reanimationen, die nicht zum Krankheitsbild der Patienten passten. H.s Jobs in Wilhelmshaven sind teilweise noch nicht ausgewertet, für seine Zeit am St.-Willehad-Krankenhaus seien laut Daniela Schiereck-Bohlmann aber „keinerlei konkrete Hinweise“ auf Taten von H. vorhanden.
„Wir wollen das Treiben von Niels H. vollumfänglich aufklären“, sagte Thomas Sander, stellvertretender Leiter der Staatsanwaltschaft Oldenburg. Er räumte auch ein, dass die Ermittlungen „nicht mit der gebotenen Geschwindigkeit“ durchgeführt wurden. „Es gab Pannen und Verzögerungen, die nicht hätten passieren dürfen“, sagte Sander. „Ich möchte mich im Namen der Staatsanwaltschaft bei allen Angehörigen entschuldigen.“
Die ersten acht Gräber sollen demnächst geöffnet werden, die Behörden wollen dafür immer friedhofsweise vorgehen. Wann das genau sein wird, ist noch unbekannt, erst müssen die Arbeiten ausgeschrieben und vergeben werden. Ein Film- und Fotografier-Verbot auf dem entsprechenden Friedhof, über den im Vorfeld noch keine Angaben gemacht werden, soll schon am 15. Februar verhängt worden sein. An den Tagen, an denen die Gräber geöffnet werden, wird es auch zu Beeinträchtigungen für die Besucher auf den jeweiligen Friedhöfen kommen, maximal soll es sich um „eine mittlere zweistellige Zahl“ von Friedhöfen im Nordwesten Niedersachsens handeln, sagte Polizeipräsident Johann Kühme.
„Wir werden die Eingänge an den jeweiligen Tagen absperren“, erklärte Schmidt das Vorgehen. Die Besucher müssen sich darauf einstellen, durchsucht und von Beamten zu den Grabstellen, die sie besuchen möchten, begleitet zu werden. So soll verhindert werden, dass Fotos oder Filme von den Arbeiten und eventuell den Leichnamen gemacht werden. Die Gräber sollen jeweils noch am gleichen Tag wieder geschlossen werden. Nach der Obduktion gibt es eine erneute Bestattung in einem neuen Sarg, auch wird das Grab wieder hergerichtet. Die 6000 bis 7000 Euro für eine Exhumierung bezahlen Polizei und Staatsanwaltschaft, auf die Angehörigen kommen keine Kosten zu.
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