
Delmenhorst. Wie wäre es wohl, wenn man in eine Zeitkapsel einsteigt, zurück in die Vergangenheit reist, genau an dem Ort, an dem man gerade ist? Eine Frage, die sich sicherlich jeder schon einmal gestellt hat. Und Werner Garbas hat sie in seinem Buch „Ausflüge in Delmenhorsts Vergangenheit“ aufgegriffen. In 34 kurzen Episoden unternimmt der ehemalige Delmenhorster Stadtarchivar Abstecher in die Geschichte der Stadt, bei der er sich weitestgehend auf historische Fakten stützt. „Ich habe nur ein wenig Fiktion mit reingebracht, weil ich quasi als Zeitreisender in eine Kapsel steige und zurückreise“, erklärt Garbas.
Dabei verschlägt es den Ich-Erzähler etwa in die Innenstadt, einige Tage nach dem großen Brand von 1905. „Nach einem kurzen Trip in der engen Kapsel der Zeitmaschine finde ich mich in der Langen Straße wieder. Ein Blick auf das Display meines Smartphones zeigt mir das Datum an. Es ist Sonntag, der 16. Juli 1905. Am späten Nachmittag treffe ich dort, wo heute City-Point und das ehemalige Hertie-Kaufhaus stehen, vor einer wüst aussehenden Brandruine auf eine kleine Gruppe von Männern und Kindern. Mit einem der Männer komme ich nach einiger Zeit in ein längeres Gespräch. Er erzählt mir, immer noch ziemlich aufgewühlt und erregt, dass hier in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli ein verheerendes Schadensfeuer gewütet und erhebliche Zerstörungen angerichtet hat“, schreibt Garbas in der Episode „Brandnacht“.
Dort, an der Ecke Kich- und Lange Straße, befand sich damals natürlich noch kein großer Kaufhaus-Bunker und keine fast komplett leer stehende Passage, sondern das Möbelgeschäft Nikolaus, in dem das Feuer wohl auch ausgebrochen war. Die Flammen fanden reichlich Nahrung in der Nachbarschaft, vor allem in der Baustoffhandlung Twisterling. „Die Mannschaften der Pflicht- und freiwilligen Turnerfeuerwehr und die Männer der Werksfeuerwehr der Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei waren über lange Stunden in unermüdlichem Einsatz, und es gelang ihnen zum Glück, alle Bewohner der brennenden Häuser zu evakuieren und unversehrt zu retten“, berichtet Garbas weiter von seiner Zeitreise.
Auch eine Episode über die Entstehung des Tiergartens erzählt Garbas in dem Werk und würdigt damit den Arzt Otto Ernst Oppermann, der sich 1794 in Delmenhorst niederließ und den Naherholungsort in der Stadt überhaupt erst ermöglichte. „Oppermann betrieb eine große eigene Praxis. Arme soll er oft ohne eine Honorarabrechnung behandelt und zusätzlich mit Lebensmitteln unterstützt haben, die er zumeist aus dem Haushalt der eigenen Familie abzweigte. Historische Aufzeichnungen schildern ihn als einen vorurteilsfreien Mann mit philosophischer Lebensauffassung, der selbst recht anspruchslos und genügsam war“, schreibt Garbas über den Arzt. Weil Oppermann außerdem überzeugt war von dem hohen Stellenwert von Grünanlagen für die Volksgesundheit, beantragte er 1796 bei der Kammer in Oldenburg, den Großen Tiergarten, also das Areal südlich der Welse, als „Lustholz mit Promenadenwegen“ für die Bürger Delmenhorsts freizugeben. Daraufhin wurde ein Teil des umzäunten Wildgeheges für die Öffentlichkeit freigegeben.
Darüber hinaus schreibt Garbas auch über den ersten Supermarkt in der Stadt oder die Delmenhorster Linoleumfabrik. Aber auch der Wandel der Begräbnisstätten hat in dem Buch Platz gefunden. Vom Mittelalter bis zu den 1990er-Jahren, in denen der Zentrale Omnibus-Bahnhof eröffnet wurde, reichen die Ausflüge in die Geschichte der Stadt. Neben den Texten gibt es auch eine ganze Reihe von Fotografien und Grafiken, die auch noch einmal spannende Einblicke in das alte Delmenhorst liefern. Immer wieder wird dabei deutlich, wie sehr sich das Gesicht der Stadt verändert hat.
Für sein Buch hat Garbas vor allem viel Zeit an seinem alten Arbeitsplatz verbracht und intensiv im Stadtarchiv recherchiert. Sein Nachfolger Christoph Brunken bezeichnete ihn als seinen pflegeleichtesten Kunden, eben weil sich Garbas dort so gut auskennt. Von dem neuen Archivar zeigt sich Garbas sehr angetan: „Ich bin froh, dass wir so einen guten Nachfolger gefunden haben“, sagt er. Dieser würde ihn auch immer bei all seinen Recherchen unterstützen.
Bereits vor zwei Jahren hat Garbas mit „Delmenhorster Zeitreisen und Geschichte(n)“ einen Band mit Episoden aus der Stadtgeschichte veröffentlicht. Die „Ausflüge in Delmenhorsts Vergangenheit“, die es seit Kurzem im Handel gibt, sind sozusagen Teil zwei davon. „Für das erste Buch habe ich sehr positive Resonanz bekommen“, erzählt Garbas. Geschichtliche Ereignisse der eigenen Stadt würden offenbar für viele Bürger von Interesse sein. Das war auch mit einer der Gründe, warum sich Garbas dazu entschied, einen zweiten Band herauszubringen. Und auch jetzt will der ehemalige Stadtarchivar nicht die Füße hochlegen. „Irgendetwas kommt bestimmt“, sagt er. Auch wenn er noch nicht genau weiß, wie womöglich sein nächstes Projekt aussehen wird.
Das neue Buch ist, wie sein Vorgänger auch schon, im Oldenburger Isensee Verlag erschienen. Es ist inzwischen das siebte Buch, das Garbas zusammen mit dem Isensee Verlag veröffentlicht hat. Das Werk „Ausflüge in Delmenhorst Vergangenheit“ umfasst insgesamt 112 Seiten und ist somit etwas länger als sein Vorgänger. Das Buch kostet 12,90 Euro und ist seit Anfang November überall im Buchhandel erhältlich.
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