
Ein Wochenende hat Petra Gerlach nachgedacht. Es war ein Freitag im September, als sie gefragt wurde. Kann sie sich vorstellen, für die CDU für das Oberbürgermeister-Amt zu kandidieren? Es ist keine Entscheidung, die man leichtfertig trifft. Schließlich hatte sie erst 2018 in der Stadt Cloppenburg als Stadträtin, also als Nummer zwei im Rathaus, angefangen. Schließlich ging sie davon aus, gegen den Amtsinhaber Axel Jahnz antreten zu müssen. Schließlich bedeutet so ein Wahlkampf viel Arbeit. Es bedeutet, die Angriffe der Konkurrenz aushalten zu müssen. Bereits am Montag sagte sie zu.
„Ich habe mir sehr intensiv darüber Gedanken gemacht, was ich für Delmenhorst tun, wie ich die Stadt voranbringen kann“, erzählt Petra Gerlach. Und weil sie Delmenhorst nicht nur gut kennt, sondern liebt, wie sie beteuert, fiel ihr da Einiges ein. „Ich weiß, was Delmenhorst ausmacht. Ich weiß, wie Delmenhorst tickt.“ Petra Gerlach ist Delmenhorsterin, wuchs in der Stadt auf, legte ihr Abitur hier ab. Und dann fing sie in der Verwaltung im Landkreis Oldenburg an, beendete ihr duales Studium als Diplom-Verwaltungswirtin.
1994 wechselte sie nach Delmenhorst, durchlief diverse Stationen und fiel den Vorgesetzten auf, parallel machte sie zwei weitere Studienabschlüsse. Die vier Verwaltungschefs, unter denen sie arbeitete, erkannten ihr Talent, protegierten sie. Von 2007 bis 2012 war sie als Referentin die rechte Hand von Oberbürgermeister Patrick de La Lanne. 2012 übernahm sie den Fachdienst Soziale Leistungen, nur zwei Jahre später stieg sie zur Fachbereichsleiterin auf. Der jetzige Amtsinhaber Axel Jahnz schließlich berief sie zur Kämmerin und holte sie damit in den Verwaltungsvorstand. Petra Gerlach hat eine steile Karriere im Delmenhorster Rathaus gemacht.
Sie habe viel von ihren Chefs lernen können, von Oberstadtdirektor Norbert Boese, von den Oberbürgermeistern Carsten Schwettmann, de La Lanne, Jahnz. „Ich weiß, was eine gute Führungskraft ausmacht: Man muss über gutes Fachwissen verfügen, politisches Geschick ist wichtig, man muss ein soziales und emotionales Gespür für die Lebenswirklichkeit der Bürger haben“, sagt sie und lässt durchblicken: Sie bringt all das mit. Ein weiterer wichtiger Punkt, was sie aber nicht sagt, für so eine Kandidatur: Selbstbewusstsein. Petra Gerlach hat auch das, es wird mit jedem ihrer Sätze deutlich.
Das Selbstbewusstsein hat sie sich auch dadurch erworben, dass sie in Delmenhorst die harten Themen betreuen musste und sich dabei als Macherin hervortat: Da war die Flüchtlingsarbeit, die die Stadt 2015 vor große Herausforderungen stellte; da war der Wollepark, der aus den Fugen geraten war; da war das Krankenhaus, das finanziell Schiffbruch erlitten hatte. Und die Finanzchefin Delmenhorsts zu sein, nun ja, ist auch kein Ponyhof-Job. Es waren übrigens alles Themen, die auch noch den neuen OB beschäftigen werden.
Es gibt schlechtere Startvoraussetzungen. Allerdings, so ehrlich ist sie: Kämmerin war für sie keine Traumstation. Das hätte sie nicht bis zur Pensionierung machen wollen, deswegen schaute sie sich um. Der Wechsel nach Cloppenburg als Stadträtin war da nur ein folgerichtiger Schritt, um weiter nach oben zu kommen. Taktisches Kalkül sei es aber nicht gewesen, sagt sie. Als sie ins Oldenburger Münsterland wechselte, spukte in ihrem Hinterkopf nicht die Idee herum, Oberbürgermeister-Kandidatin in Delmenhorst zu werden.
„Es ist ein geiles Gefühl“, sagt Petra Gerlach bei ihrer Vorstellung als OB-Kandidatin. Und – das ist der zweite Clou – neben ihr am Tisch sitzen nicht nur der CDU-Vorsitzende Bastian Ernst und Fraktionschef Kristof Ogonovski, sondern mit Marianne Huismann und Klaus Werner auch zwei Spitzenleute der Grünen. „Wir haben Ende 2019 das Gespräch mit den Grünen gesucht“, sagt Bastian Ernst.
So wie er es erzählt, sei es quasi eine natürliche Wahl eines Verbündeten gewesen, weil man im Rat schon so oft gut und vertrauensvoll und vor allem verlässlich zusammengearbeitet habe. Eine weitere Partei sei aber nicht gefragt worden, ob sie Petra Gerlach unterstützen wolle, beteuert Ernst. Dass nichts durchgesickert ist, zeigt, wie wichtig es beiden Parteien ist, ihre Kandidatin unbeschädigt zum Erfolg zu führen. Es ist ja keine Selbstverständlichkeit in Delmenhorst, dass eine solche Personalie nicht vorher öffentlich wird.
„Nachdem die CDU auf uns zugekommen ist, haben wir einen Forderungskatalog aufgestellt – und dabei hat sich gezeigt, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt“, sagt Werner Klaus. Deswegen habe sich schnell herauskristallisiert, dass Petra Gerlach eine Kandidatin sei, die die Grünen auch wollen. Wo diese Überschneidungen inhaltlicher Natur lagen, sagt er aber nicht so laut. Bei der Klimamusterstadt natürlich, beim Radwegebau, bei der Schul- und Sportstättenentwicklungsplanung, fügt Ogonovski schnell an. Er betonte aber auch: Nur weil beide Parteien Petra Gerlach unterstützen, bahne sich keine neue Koalitionsbildung im Rat an.
Als Petra Gerlach am Freitag zur Pressekonferenz ins Hotel Thomsen kam, schoss ihr dieser Westernhagen-Song in den Kopf, sagt sie. „Ich bin wieder hier/in meinem Revier/war nie wirklich weg“, heißt es im Refrain. Das trifft es. Und auch der Rest des Westernhagen-Textes passt: „Ich rieche den Dreck/Ich atme tief ein/Und dann bin ich mir sicher/Wieder zu Hause zu sein.“
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